Zeit für einen Ölwechsel?

Ich gehöre ja zu den Menschen, die ihr Öl immer noch ganz normal beim Discounter um die Ecke kaufen. Sonnenblumen- oder Rapsöl aus dem Zwölferkarton und dazu Olivenöl für alle italienischen Gerichte. Bisher bin ich damit eigentlich auch ganz gut ausgekommen.

Aber warum nicht mal etwas Neues probieren? Ich freute mich also, als ich das Angebot erhielt ein neues britisches Hanföl zu probieren. Kurze Zeit später erreichte mich ein fürstliches Probierpaket: Hanföl Original, Hanföl Mild & Light, zwei Sorten Mayonaise, drei Sorten Salatdressing. Kurz gesagt, Fettvorräte für die nächsten Monate.

Optisch macht Good Oil schon einiges her: Die kleinen Flaschen wirken richtig edel. In großen Buchstaben wird der hohe Gehalt an Omega-Fettsäuren angepriesen. Die sollen besonders gesund sein. Eine kurze Recherche offenbart Widersprüchliches: Wikipedia sagt, Omega-3-Fettsäure seien „lebensnotwendig“. Der Focus berichtet, sie schützten vor Rheuma und anderen Krankheiten. Und auch die Stiftung Warentest listet viele positive Effekte auf. Auf der anderen Seite scheinen neuere Forschungen genau das Gegenteil zu belegen: Über die positive Wirkung herrsche Uneinigkeit, schreibt die taz. Die Omega-3-Fette seien gar nicht gesund (jedenfalls nicht gesünder als Schweineschmalz), sagt die Welt.  Und das anerkannte Fachmagazin für Fette, Brigitte, warnt sogar vor zu viel Omega-3-Fettsäuren im Essen. Fettsäuren scheinen vor allem eine Glaubensfrage zu sein. Ich persönlich kaufe so ein besonderes Öl vor allem wegen dem Geschmack (und natürlich, weil sich Schnitzel schlecht ohne braten lassen).

Wie schmeckt nun also Hanföl? Zunächst eigentlich wie ein normales Pflanzenöl. Was aber sofort auffällt, ist das feine, leicht nussige Aroma. Wirklich sehr angenehm am Gaumen. Besonders im Salat macht sich das Good Oil sehr gut. Bei gebratenen Speisen muss man hingegen schon ganz genau hin schmecken, um den Unterschied zu merken.

Und wie sieht es bei den Dressings aus? Schnell einen frischen Feldsalat mit Tomaten und gekochten Eiern angerichtet und das Honig-Senf-Dressing geöffnet. Aber dann das: Beim Dosieren landet ein riesiger Schwung auf dem Teller. Ich hätte nicht damit gerechnet, dass das Good-Oil-Dressing so dünnflüssig ist. Andere Dressings haben eine festere Konsistenz, lassen sich besser dosieren. Geschmacklich konnten Caesars Dressing, Honig & Senf und Balsamico durchaus überzeugen. Die Nussnote des Hanföls schmeckt man allerdings nicht wirklich heraus.

Auch die Mayo ist ziemlich dünnflüssig, sie lässt sich sogar gießen. Das ist irgendwie doch ziemlich ungewohnt. Deutsche Mayo hat ja eine ziemlich feste Konsistenz, bleibt auf dem Teller immer wo sie ist. Geschmacklich fiel weniger das Hanföl auf, als die säuerliche Essignote. Sie sorgte dafür, dass man nicht so viel von der Mayo essen mochte. Mein Fall ist es nicht wirklich. Vielleicht verstehen Briten aber auch einfach etwas anderes unter Mayonnaise.

Hanföl, Dressing und Co. gibt es in Deutschland bei Rewe, Edeka, Hit und Karstadt. Preislich liegt Good Oil im oberen Bereich. Eine Flasche mit 250ml Hanföl kostet 7,99 Euro. Die Dressings und die Mayo (je 220g) gehen für 4,99 Euro über die Ladentheke. Das macht Good Oil zu einem ziemlichen Luxusprodukt. Wer probieren möchte, sollte mit dem Öl anfangen, da hier der nussige Geschmack am deutlichsten zum Tragen kommt.

Weitere Informationen gibt es unter www.goodwebsite.de. Bei Facebook kann man sich mit Hanföl-Freunden zum Thema austauschen.

Goodbye Gunnar! Noch mehr Schupelius


Schupelius und 13 Playmates: So präsentiert die BZ die „Mein-Ärger“-Videos

Letzte Woche haben wir unseren ersten vorläufigen Abschiedsartikel für Gunnar Schupelius online gestellt – und wurden damit sogar im BILDblog erwähnt. Und jetzt ist es tatsächlich schon soweit: Am Freitag verabschiedete sich der BZ-Journalist von seinen Lesern in einer letzten Mein-Ärger-Kolumne.

Milde gibt sich Gunnar Schupelius zum Abschied, der große Ärger scheint verraucht. Genüsslich schwelgt er stattdessen in Erinnerungen (z.B.  an rund 40 Kolumnen, die er gegen den Bürgermeister geschrieben habe. Wowereit daraufhin: „Sie wissen, dass Sie niemals ein Interview von mir bekommen?“, Schupelius darauf kess: „Ja, aber wussten Sie, dass ich gar keins haben will?“). Und er spart nicht mit Verweisen auf seine Erfolge: Eine Schutzscheibe zum Schutz vor Übergriffen in BVG-Bussen sei nur dank ihm eingeführt worden, ohne ihn hätte es auch keinen gläsernen Warteunterstand für Botschaftspolizisten gegeben. Fast schon obligatorisch der Dank an die Leser, die ihn mit Briefen und Postkarten immer unterstützt hätten und ihm sicher viele Ärgerthemen überhaupt erst zugeschickt haben.

1331 Kolumnen hat er geschrieben, sagt Schupelius in seinem Abschiedsvideo – er lächelt stolz. Dann eine Kunstpause. Als er die Zahl noch mal nennt, kommt er ins Stocken. Er muss die Zahl noch mal nennen, jetzt lacht er fast. Was für eine Wahnsinnszahl! Drei Jahre Ärger über Sprayer und Taxifahrer, über Gewalttäter und Leute, die aus der Flasche trinken, über Wowereit und über die CDU und natürlich vor allem über die Linken und die Grünen.

Seinen Zorn habe er nicht aus Abneigung auf die Stadt niedergehen lassen – nein, aus Liebe! Und das nimmt man ihm fast ab. Natürlich liebt er nicht ganz Berlin, den Westen etwas mehr als den Osten und die Konservativen mehr als die Linken – klar, aber immerhin.

Wer sich so öffentlich ärgert, kriegt nicht nur Zustimmung. Schenkt man Schupelius Glauben, dann schlägt einem so manches Mal sogar blanker Hass entgegen. „Ich bekam unangenehme Post von Linksradikalen und Graffiti-Schmierern. Damit musste ich leben.“ Kein Wort der Selbstkritik, Schupelius ist immer noch überzeugt von dem was er getan hat.

Mit Gunnar Schupelius verliert die BZ einen ihrer pointiertesten Kommentatoren. Man könnte auch sagen ihren einzigen. Schupelius polarisierte, vertrat abwegige Standpunkte und kämpfte einen aussichtslosen Kampf gegen den Verfall der Hauptstadt.

Liest man seine Kolumnen merkt man schnell: Schupelius fühlt sich unwohl in einer Welt ohne Regeln. Ohne Vorschriften funktioniert das menschliche Zusammenleben in seinen Augen nicht. Linksextreme, Migranten, Grüne sind ihm suspekt, ja unheimlich. Berlin als Stadt ohne Regeln, es ist das große Thema, dass sich durch alle Kolumnen von Schupelius zieht.

Ganz zum Schluss seines Abschiedstextes wünscht er – und das klingt etwas hochgegriffen – seinen Lesern „Gottes Segen“ und prophezeit, dass man sich in „goldenen Zeiten“, vielleicht unter einer „besseren Regierung“ wiedersehen werde. Dann ist er weg.

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Die drei absurdesten Mein-Ärger-Kolumnen:

Weil es so schön ist, zeigen wir zum Abschied noch einmal die schönsten Stücke von Schupelius. Im letzten Artikel haben wir die sechs lustigsten Videos gezeigt, jetzt legen wir noch drei Mal richtig absurden „Ärger“ oben drauf:

1. Wen meinen wir, wenn wir von Migranten sprechen?


Schupelius fragt sich: „Warum nennen wir Kinder, die in Berlin geboren sind, eigentlich ‚Migranten‘ “? Und kombiniert blitzgescheit: „Migrant heißt ‚Wanderer‘“. Doch diese Kinder sind keine Wanderer. Deshalb sei der Begriff falsch. Tja, schön dass die BZ es auch mal merkt – alle anderen verwenden schon längst das Wort „Migrationshintergrund“.

Nach dem Patzer leitet Schupelius ungeschickt auf Muslime über: 90 Prozent der Muslime würden sich als religiös bezeichnen. Das ist Schupelius nicht geheuer. Er weist auf religiöse Unrechtsregime hin – wollen die Muslime in Berlin das etwa auch? Er räumt ein: „Ich weiß es nicht, es würde mich aber interessieren“. Zum Schluß gibt er sich weltläufig: „Von mir aus können alle Menschen in Berlin leben, […] unter einer Bedingung, dass sie unsere Gesetze anerkennen, allen voran unser Grundgesetz.“ Das hat gesessen: Mal wieder um Kopf und Kragen gequasselt.

2. Die Straße vor dem Kanzleramt


Der gerechte Zorn des Gunnar Schupelius kann jeden treffen. Niemand ist sicher: Nicht die CDU, nicht das KaDeWe und nein, nicht einmal die Straße vor dem Kanzleramt.

Das wird jetzt etwas ermüdend, aber die ganze kafkaeske Auto-Odyssee von Schupelius wird nur im Wortlaut wirklich deutlich: „Wenn ich am Kanzleramt vorbei nach Moabit fahren will, muss ich Slalom fahren. Denn die Willy Brandt Straße direkt vor Frau Merkels Dienstsitz ist gesperrt. Also muss ich scharf rechts in die Paul-Löbe-Allee einbiegen, dann links in eine namenlose Teerpiste, dann noch einmal links in die Otto-von-Bismarck-Allee und wieder rechts in die Willy-Brandt-Straße.“

Vielen wäre wahrscheinlich gar nicht aufgefallen, dass sie dreimal abgebogen sind. Schupelius aber hat aufgepasst. Gleich nach der Rückkehr in die Redaktion recherchiert er, warum die Straße vor dem Kanzleramt gesperrt ist. „Im Paul-Löbe-Haus haben Bundestagsabgeordnete ihre Büros. Sie sagten, der Verkehr vor ihrer Haustür würde sie stören und sei zu laut.“ Schupelius kann es kaum fassen, Sicherheitsbedenken der Kanzlerin, die kann er akzeptieren. Aber das Bundestagsabgeordnete eine Straße dicht machen, das geht nicht. Das ist frech. Sie müssten den Verkehrslärm aushalten, schließlich sei man nicht im „Sanatorium“! Um seinen Punkt zu unterstreichen, greift Schupelius noch mal weit in die CDU-Geschichte zurück und behauptet: Konrad Adenauer, nach dem diese Straße benannt ist, hätte das bestimmt nicht gewollt. Wir bezweifeln, dass es Adenauer überhaupt interessiert hätte.

3. Aufhebung des Sargzwangs für Muslime


Sollte der Sargzwang für Muslime aufgehoben werden? Wer hat sich das nicht immer schon mal gefragt? Schupelius referiert gekonnt die Tücken des deutschen Bestattungswesens und kommt dann auf den Punkt: Wenn Aufhebung, dann nur wenn Christen auch sarglos unter die Erde kommen dürfen. Weil in Berlin ohnehin kaum noch jemand an Gott glaube, sei das keine so schlechte Sache, wie vielleicht zunächst angenommen. Den Vorwurf, Muslime würden durch den Sargzwang diskriminiert, lässt Schupelius nicht gelten: „Im übrigen werden solche Themen auch meist von kleinen Interessengruppen vorgetragen, von muslimischen Kleingruppen, die nur winzige Teile der muslimischen Bevölkerung repräsentieren“.  Bevor er es sich mit allen Religionen verscherzt, leitet Schupelius schnell auf ein anderes Problemthema um: Burkinis im Schwimmbad. Geschickt, geschickt! Kleine Zusatzaufgabe: Zählt mal mit, wie oft Schupelius im Podcast das Wort „Sargzwang“ verwendet.

PS: Das ging schnell. Die BZ hat die Mein-Ärger-Kolumne komplett von ihrer Online-Seite genommen und wirbt an der Stelle nun für ihre frischgebackene Facebook-Fanseite. Wir wollen hoffen, dass das nicht der einzige Ersatz für Schupelius wird…

Danke an Laurence Thio für die gemeinsame Arbeit an diesem Artikel.

Mein Ärger: Gunnar Schupelius geht

Auch der größte Ärger geht irgendwann vorbei:  Der Journalist Gunnar Schupelius wechselt zum 1. April von der Boulevardzeitung BZ ins Hauptstadtbüro des Focus. Damit endet wohl auch seine BZ-Meckerkolumne „Mein Ärger. Der gerechte Zorn des Gunnar Schupelius“. Das finden wir sehr schade.

Was Franz-Josef Wagner für die BILD ist, war Schupelius für die BZ. Wo Wagner große moralische Themen diskutiert und und steile Thesen wagt, ärgert sich Schupelius über Graffiti auf seinem U-Bahnhof oder die teuren Eintrittspreise im Fernsehturm.

Besonders gerne schimpft Schupelius dabei über Linksradikale, gewalttätige Teenager und Migranten. Eben die Gruppen, die seine Leser auch nicht gerne mögen. Seine konservativen Standpunkte machen sich gut in jeder Eckkneipe.

Was sich in der gedruckten Zeitung wie kleinbürgerliche Entrüstung liest, wird in der Videokolumne erst zum launigen Spektakel. Schupelius posiert mal hinter seinem Schreibtisch, mal im Großraumbüro der BZ und liest seine Kolumne ab. Um es klar zu sagen: Schupelius ist kein besonders guter Vorleser. Er ist grottenschlecht. Er verhaspelt sich in seinem verschachtelten Satzbau. Er verliert sich in Nebenschauplätzen. Nicht immer steht am Ende eine Pointe. Manchmal wussten wir hinterher nicht einmal, worüber Schupelius sich eigentlich geärgert hat. Das ist man vom Berliner Boulevard anders gewöhnt.

Und auch technisch wirkt die Videokolumne eher hausbacken: Mal ist das Bild farbstichig, dann ist Schupelius unscharf oder man versteht ihn schlecht, weil seine Kollegen im Hintergrund lautstark quatschen.

Über die Jahre sind Schupelius allen Widrigkeiten zum Trotz einige komödiantische Highlights geglückt. Wir blicken wehmütig zurück.

Die sechs lustigsten Mein-Ärger-Kolumnen:

1. Im Supermarkt fahren wir uns ständig an den Wagen

Die Stimmung in den Berliner Supermärkten ist „angespannt“, ja „leicht aggressiv“. Ständig krachen Einkaufswagen ineinander („auf dem Weg von der Eingangstür bis zur Kasse mindestens 20-mal“). Wichtigster Grund: Beim Einkaufen gibt es zu wenig Regeln! Und Schupelius wäre nicht Schupelius, wenn er nicht schon ein paar Ideen hätte: Parkverbot vor dem Kühlregal, Wartebereich vor dem Fleischer, kleine Rastplätze wo man in Ruhe seinen Einkaufszettel lesen kann und natürlich ein Tempolimit gegen Raser. Vor der Kasse dürfte es nur eine Schlange geben, sonst „kommt es zu fürchterlichen Kämpfen“. Wer es bis jetzt noch nicht wusste: Einkaufen ist Krieg. Und Besserung keineswegs in Sicht: „Früher hat es vielleicht Höflichkeitsformen gegeben. Da hat man sich vielleicht lächelnd den Weg freigemacht.“, erinnert sich Schupelius und schiebt nach: „Aber das ist lange her.“

2. Von Autonomen vertrieben

 

Schupelius hat Feindkontakt! Bei einem Gespräch mit Innensenator Erhard Körting nähern sich den beiden plötzlich junge Frauen und Männer. Sie trugen schwarze Lederjacken, die  „Uniform der Autonomen“. Körting springt auf und rennt zu seinem „rettenden Dienstwagen“. Schupelius selbst bleibt zurück („das war sehr ungemütlich“). Er schluckt dramatisch. Wenn man genau hinschaut scheint er derangierter als sonst. Der Hemdkragen schief, der Fokus der Kamera fürchterlich unscharf. Dann der Zorn: „Kann es eigentlich sein, dass ein zusammengelaufener Haufen von Krawallbrüder darüber entscheidet, ob wir uns mit einem Politiker von der SPD in einem Lokal in Friedrichshain treffen?“ Das ist natürlich eine ziemlich konkrete und lange Frage. Er spitzt noch mal zu: „Ist es so, dass bestimmte Leute in diesem Bezirk die Straße beherrschen?“  Jetzt wären natürlich radikale Forderungen angebracht, Schupelius aber sagt: „Das hinterließ bei mir ein sehr unangenehmes Gefühl“. Trotzdem eine der actionreichsten Folgen.

3. Wie viele Waggons werden pro Tag repariert? Darauf gibt mir die S-Bahn keine Antwort!

Bei der Berliner S-Bahn platzt Schupelius der Kragen: Es fahren fast keine Züge mehr, 24 Bahnhöfe sind komplett zu und die Straßen der Stadt so voll sind wie nie zuvor. „Die Verzweiflung wächst“, sagt Schupelius und legt die Stirn in Sorgenfalten. Und dann gibt sich auch noch der Pressesprecher der Bahn wortkarg: „Wie viele Waggons werden pro Tag repariert?“, fragt Schupelius um 10 Uhr und erhält um 16 Uhr die Antwort „weiß ich nicht“. Und auch auf diverse andere Fragen erhält er keine Antwort. Wenn das stimmt, wirft es natürlich kein gutes Bild auf die Presseabteilung der S-Bahn. „Mit Verlaub so geht es nicht. So lass ich nicht mit mir umgehen!“, donnert Schupelius und lobt Vorstöße einer grünen Abgeordneten, die Sache gerichtlich klären zu lassen. Starkes Stück!

4. Warum trinken jetzt alle aus der Flasche?

In dieser Folge ärgert sich Schupelius über Menschen, die aus Flaschen trinken. Das ist erst mal ein ziemliches Sommerlochthema – sowas kann man sich wahrscheinlich nur als Chefreporter der BZ leisten. Hört man ihm länger zu, dann stößt man schnell auf den Kern all seiner Kolumnen: Schupelius sehnt sich nach Ordnung – alles, auch die Banalitäten des Alltags müssen bei ihm geregelt werden: Ganz sicher ist er sich mit seinem Ordnungszwang aber nicht, deshalb fragt er: „Ist es übertrieben wenn ich sage, dass es mich stört, wenn jemand neben mir gekonnt aus der Flasche trinkt?“ Danach räumt Schupelius zwar ein, Wasser sei wichtig, aber man brauche es nicht immer überall und Cola solle man nicht „beim Laufen saufen“. Schupelius appelliert an „die jüngere Generation“, die sich offenbar nicht mehr an die „bürgerlichen Regeln des Trinkens“ erinnert. Und überhaupt: Aus einem Becher oder einer Tasse zu trinken, dass sehe doch viel eleganter aus.

5. Der Kinospot der Linkspartei

Schupelius ist „zutiefst beunruhigt“ über den Kinospot der Linkspartei zur Europawahl. Hastig referiert er den Inhalt: Eine Villa bei Nacht, schöne Gründerzeitmöbel sind zu sehen, auf dem Tisch eine Rolexuhr und eine halb geleerte Champagnerflasche. Plötzlich knallt es, man hört Scherben fallen. Ein großer Pflasterstein fliegt auf einen Schreibtisch aus Eichenholz. Der Text dazu: „So besser nicht. Lieber so: Am 7. Juni: Die Linke“. Diese Szene macht den Spot „absolut unerträglich“ für Schupelius. Für ihn verbirgt sich dahinter mehr als eine Sachbeschädigung: „Einen Stein aus dem Hinterhalt durch ein Fenster auf einen Schreibtisch zu schleudern, das ist mehr als ein Angriff auf fremdes Eigentum, das ist ein Mordanschlag auf den, der vielleicht an dem Schreibtisch sitzen könnte.“ Schockiert fügt er hinzu: „Wer dazu sagt: So besser nicht, der kann nicht ganz klar im Kopf sein.“ Das ist nicht gerade logisch, aber unterhaltsamer als der Spot selbst.

6. Randalierende Teenager

Schupelius schildert eine zerstörerische Odyssee: 40 Jugendliche versammelten sich  erst grölend am U-Bahnhof Tegel, fuhren dann mit dem Bus nach Hermsdorf, beschmierten ihn dort und zertraten anschließend Laternen, Werbetafeln und Schaufenster. Dann fuhren die Vandalen mit der S-Bahn nach Frohnau, um dort „ihr Werk fortzusetzen“. Ja, was soll man in Hermsdorf und Frohnau auch schon viel anderes machen. Doch Schupelius ist schockiert: Die Jugendlichen „kamen aus guten Elternhäusern“. Er legt nach: „Diesen Kindern geht es besser als allen anderen Kinder vor ihnen in der Weltgeschichte“  und dennoch würden sie jeden Freitag  „aggressiv, gewaltätig, randalierend“ losziehen. Schupelius kennt den Grund: Kindern würden keine Grenzen mehr gesetzt. Kulturpessimistisch ergänzt er, schon 10-Jährige würden heute Pornos im Internet schauen, während sich  13-Jährige dem flaschenweisen Wodkasaufen verschrieben hätten. Da ist die Karriere als Randalierer natürlich klar vorgezeichnet. Im Kern geht es erneut um das Lieblingsthema von Gunnar Schupelius: Ordnung, Regeln und Verbote.

Danke an Laurence Thio für die gemeinsame Arbeit an diesem Artikel.

Fünf Gründe gegen den iPod nano 6G


Klein und quadratisch: Das Display des iPod nano ist kaum größer als ein 2-Euro-Stück

Der iPod war einmal der beste MP3-Player der Welt – in Design und Intuitivität kaum zu übertreffen. Das ist vorbei. Vor lauter Style und Minimalismus hat Apple mit dem neuen iPod nano vor allem eines abgeschafft: Die Alltagstauglichkeit.

Fünf Gründe gegen den iPod nano 6G:

1. Der Touchscreen

Der neue iPod nano wird fast ausschließlich per Touchscreen gesteuert. Man tippt und wischt also auf dem 2,8 mal 2,8 cm großen Bildschirm herum, wählt mit spitzen Fingern Musik aus, startet und stoppt die Wiedergabe. Das funktioniert einigermaßen gut, wenn man den iPod in der Hand hält. Hat man ihn dagegen in der Hosen- oder Jackentasche, wird selbst das Pausieren eines Titels zur Herausforderung. Und auch an den Winter haben die Entwickler nicht gedacht: Mit Handschuhen lässt sich der iPod nano 6G nicht bedienen. Es wird zudem nicht wirklich klar, warum ein Player dieser Größe einen Touchscreen benötigt – das Scrollrad der Vorgängermodelle ließ sich jedenfalls viel präziser und intuitiver bedienen. Unnötige Spielerei ist die Dreh-Funktion: Mit zwei Fingern lässt sich das Bildschirmmenü in 90-Grad-Schritten drehen. Doch wer will schon sein MP3-Player-Menü auf den Kopf stellen?

2. Die fehlende An- und Aus-Taste

Auf den ersten Blick hat der iPod nano 6G oben rechts am Gerät eine An- und Ausschalttaste. Dafür scheint eine Tastensperre bzw. Touchscreensperre zu fehlen. Erst bei der Bedienung lüftet sich das Rätsel: Die Taste ist doppelt belegt. Hört man Musik mit dem Nano, dann wird mit dem Knopf die Tastensperre aktiviert und der Bildschirm schaltet sich ab. Ist man im Pause-Modus, dann schaltet sich der gesamte Player ab. Im Alltag vergisst man jedoch leicht mal, den iPod vor dem Abschalten zu pausieren. Er läuft unbemerkt weiter und verbraucht Strom.

3. Die Akkulaufzeit

Ganze 24 Stunden soll das kleine Gerät laufen – verspricht zumindest die Werbung. Die Realität ist davon doch deutlich entfernt. Vor allem der berührungssensitive Bildschirm scheint richtig Strom zu ziehen. Ohne mit der Stoppuhr gemessen zu haben: Gefühlt muss ich den neuen Nano deutlich häufiger laden als meinen alten 3G.

4. Die Uhrzeit

Auf älteren iPods konnte man auch bei abgedunkeltem Bildschirm die Uhrzeit in großen Ziffern auf dem Bildschirm ablesen. Dass die Umschaltung zwischen 12/24-Stunden-Modus bei meinem Nano der dritten Generation nie richtig funktionierte – geschenkt. Beim neuen Nano schaltet die Tastensperre gleich den kompletten Bildschirm ab. Und auch sonst hakt die Uhren-App ziemlich. Ruft man sie auf, sieht man eine schön gestaltete Analoguhr. Aktiviert man dann die Tastensperre – was sehr zu empfehlen ist, weil man sonst versehentlich Eingaben auf dem Touchscreen macht – dann ist beim erneuten Anschalten des Bildschirms auch die Uhr weg. Erst durch rumfummeln am Bildschirm (Winter! Handschuhe!) kommt sie wieder zum Vorschein.

5. Die fehlenden Features

Schaut man auf die Funktionen, dann ist beim neuen iPod nano einiges weggefallen: Er kann keine Videos oder Video-Podcasts mehr abspielen. Es gibt unverständlicherweise kein Coverflow mehr (für alle, die es nicht kennen: Schicke 3D-Darstellung von Albencovern). Die Spiele sind ersatzlos entfallen, ebenso die Suche nach Titeln per Bildschirmtastur. Einige Fachmagazine sehen den Nano 6G deshalb eher in der Tradition des iPod Shuffle, also des kleinen Apple-Players der ganz ohne Display funktioniert.

In der Tat ist es nicht ganz klar, warum Apple ein Gerät auf den Markt bringt, was deutlich weniger kann als die Vorgänger, dabei aber deutlich mehr kostet. Und Besserung ist auch nicht in Sicht: Wurden beim 3G damals schon nach einigen Wochen das erste Firmware-Upgrade nachgeliefert, welches Fehler ausräumte und Funktionen ergänzte – so muss man hierauf als 6G-Besitzer noch warten. Bis heute ist 1.0 die neueste Version der Firmware.

Natürlich bleibt der iPod nano 6G insgesamt ein solider MP3-Player, mit dem man gut unterwegs Musik hören kann. Die kleinere Größe und das minimalistische Design mögen für manchen ein Kaufgrund sein. Alles in allem waren die Vorgänger-iPods aber die überzeugenderen Geräte.

Nachtrag 11. März: Apple hört anscheinend doch noch auf die Nutzer. Soeben ist ein Update für den iPod nano erschienen. Die Version 1.1 verändert unter anderem die Funktion der Standby-Taste. Hält man sie nun für einige Sekunden gedrückt, schaltet sich der Player komplett ab. Klickt man doppelt auf die Taste, wechselt der iPod wahlweise zum nächsten Titel oder pausiert (lässt sich im Menüpunkt Musik einstellen). Ein großer Fortschritt im Vergleich zu vorher, da man die Grundfunktionen jetzt auch ohne Touchscreen bedienen kann.

Bye-bye Kontrolletti

Es ist ein stiller Abschied. „Verdeckte Kontrollen passen nicht zu dem offenen und ehrlichen Umgang mit unseren Kunden“, sagt BVG-Chefin Sigrid Nikutta im Tagesspiegel. Die Berliner Verkehrsbetriebe werden ab sofort nicht mehr auf getarnte Kontrolleure zurückgreifen.

Was wie eine harmlose Randnotiz in der neuen Freundlichkeitsoffensive der BVG wirkt, ist in Wahrheit ein tiefgreifender Wandel in Bus und Bahn. Es ist die Abschaffung des Kontrolletti, jenes letzten Desperado des Nahverkehrs.

„Opa, was ist eigentlich ein Kontrolletti?“, werden uns irgendwann unsere Enkel fragen, die auf ihrem Smartphone mal wieder zu lange in der Wikipedia rumgeblättert haben. Und wir werden sagen: „Also Kinder, das war so…“

Und dann werden wir ihnen von der ausgestorbenen Gattung der Kontrolletti erzählen: Unrasierte, bullige Kerle mit Wampe und verbrauchte Mittvierzigerinnen mit glasigem Blick. Getarnt in Jacken von Aldi und Kik streifen sie durch die U-Bahn-Waggons. Immer auf der Jagd nach abgelaufenen Fahrscheinen und nicht korrekt aufgeklebten Schülermarken. Ein Leben im Untergrund.

Für die Fahrgäste die große Spannung: Verkauft der zerlumpte Kerl da vorne gleich die Motz oder will er doch nur meinen Fahrschein sehen?

Der Umgangston bei der Kontrolle ist ruppig. „Kann ich mal ihr Ticket sehn?“, raunzt der Kontrolletti. Und die Berliner motzen zurück: Über die U-Bahn, die ständig verspätet sei. Über die hohen Fahrpreise. Und über die unfreundlichen Kontrollen. Am Ende zeigen fast alle ihre Monatskarte. Man nickt sich zu, es ist nur ein Spiel.

All das wird es in Zukunft nicht mehr geben. Keine Kopfprämie pro überführtem Schwarzfahrer, stattdessen schicke Uniformen. Die neuen Kontrolleure sagen vermutlich sogar „Bitte“ und „Danke“, wenn sie einen Fahrschein sehen wollen. Es tun sich Abgründe auf.

Doch die Trauer hilft nichts, die Tage des Kontrolletti sind endgültig gezählt. Ich werde sie vermissen. Bye-bye Kontrolletti.

Street-Art in Kreuzberg (Folge 1)

Wer in Kreuzberg wohnt, dem fällt schon nach kurzer Zeit die hohe Dichte an kreativer Street-Art auf. An den Hauswänden tummelt sich eine ganze Schar bunter Sprüh- und Klebemotive. Wer genau hinschaut, kann schon bei einem kurzen Spaziergang um den Block die Bekanntschaft mit Buddha, Charlie Chaplin und Mona Lisa machen. Inspiriert vom Blog meiner Schwester war ich mit der Kamera unterwegs und bin rund um den Görlitzer Bahnhof fündig geworden. Aber seht selbst:

Der große Komiker Chaplin mal ganz klein: Als Schablonenspray an einer Hausecke nahe dem Görlitzer Bahnhof. Schön auch die dazugehörige rote Blume, deren Stiel kunstvoll in den Boden übergeht und so eine Rahmung für das Gesamtwerk schafft. Witziges Detail ist die Zigarettenkippe: Guckt Chaplin-Junior etwa so verschmitzt, weil er sie gerade unaufällig entsorgt hat?

Einen Glimmstengelwurf entfernt ruft Mona Lisa höchstpersönlich die Passanten zu etwas Ruhe auf. Sicher eine Reaktion auf den nächtlichen Trubel in der nahegelegenen Partymeile Oranienstraße.

Hier wird scharf geschossen: Die beiden Pistoleros bewachen einen Hauseingang am Görli und verteidigen ihn gegen anstürmende Köter, die hier nur zu gerne ihr Bein heben und zielgerichtet das Bewag-Emblem anpissen. Vorteil der Street-Art: Sie ist abwischbar und wasserbeständig.

Wer ist Zaira? Eine kurze Google-Suche bringt folgende Ergebnisse: Ein Modell mit verträumt-grünbraunen Augen, eine Russische Dichterin und ein Kaffeeservice von Villeroy & Boch. Der Unterteller sieht dem Hut der Dame auf dem Bild sogar ein wenig ähnlich. Wie dem auch sei: In Schwarz-Weiß hebt sich die unbekannte Schöne jedenfalls schön von der bunt besprühten Hauswand ab. Ein kleines Meisterwerk, dass leider schon erste Spuren des Verfalls zeigt…

Um Buddha einen Besuch abzustatten und sich etwas Street-Art-Liebe abzuholen, muss man sich vom Görli südlich halten. Über den Fluss rüber und dann ist man fast da. Hier am Rand von Neukölln wartet er in der Pflügerstraße auf Pilger.

An sich halte ich Fotos mit GPS-Informationen (so genannte Geotags) ja für ziemlichen Schnickschnack. Aber hier wären sie doch mal praktisch: Anhand der verknüpften Koordinaten könnte schließlich jeder genau sehen, wo gerade welche Street-Art an der Hauswand „ausgestellt“ ist. Und würde den Buddha oben womöglich schneller finden, als mit meiner Beschreibung.

Die Flickr-Gruppe „RYC Berlin Urban-Art Map“ hat sich an solch einer virtuellen Street-Art-Karte für Berlin versucht. Per Mausklick sieht man, wo welches Straßenkunstwerk aufgenommen wurde. Es sind allerdings erst rund 100 von über 300 aufgenommenen Motiven mit Geotags versehen und so auf der Karte lokalisierbar. Ein weiteres Problem stellt die kurze Halbwertszeit der Werke dar: Viele Bilder sind schon nach kurzer Zeit wieder verschwunden oder werden durch Neue ersetzt.

Und so kann es sein, dass ihr bei eurem nächsten Spaziergang durch Berlin nicht Buddha, Charlie Chaplin oder Mona Lisa sondern ganz andere Prominente trefft. Street-Art in Berlin bleibt dynamisch und wild. Und hebt sich in ihrer kreativen Qualität wohltuend von den eher kargen Versuchen in anderen, kleineren Städten ab.