„Schmöckwitz, wo liegt das denn?“, fragt der Berliner Freund, dem ich von meinem Samstagsausflug erzähle. Die kleine Ortschaft im Südosten von Köpenick ist längst nicht jedem Hauptstädter bekannt. Um ganz ehrlich zu sein, bis vor kurzem kannte ich Schmöckwitz auch nicht. Seit ich den Ausflugsreiseführer „Ab ins Grüne – Ausflüge mit der Berliner S-Bahn“ besitze, sieht das anders aus. Das kleine Büchlein stellt nicht weniger als 64 Rad- und Wandertouren in und um die Hauptstadt vor und bietet neben Klassikern wie Sanssouci oder dem Grunewald auch echte Geheimtipps wie Neu Kamerun, Strausberg oder eben Schmöckwitz an. Auf einer Doppelseite wird das jeweilige Ziel vorgestellt und praktischerweise auch gleich erklärt, wie man mit öffentlichen Verkehrsmitteln dorthin kommt. Die Beschreibung versucht sich derweil an einer Mischung aus historischen Fakten und praktischen Tipps, was meist auch ganz gut gelingt (wer reinblättern möchte, sucht den Buchhändler seines Vertrauens auf oder nutzt die Blick-ins-Buch-Funktion von Amazon).
So weiß ich jetzt zumindest, dass Alt-Schmöckwitz gleich an drei Seen liegt (Langer See, Seddinsee und Zeuthener See) und kann mit dem Wissen prahlen, dass neben der obligatorischen Dorfkirche auch noch eine alte Feuerwache und das ehemalige Rathaus den Ortskern bilden. Außerdem endet die angeblich schönste Straßenbahnlinie Berlins im Ort. Trotz der Nähe zur Feuerwache brannte das Tramdepot aus dem Jahr 1912 aber leider vor kurzem ab. Eh ich mich jetzt in architektonischen Details über die Gebäude verliere oder in die sicher enorm spannende Regionalhistorie von Alt-Schmöckwitz einsteige, weise ich lieber schnell auf die grüne Umgebung hin. Sie bildet das eigentliche Highlight des Ortes und meines Ausflugs.
Auf geht‘s: Wie vom Wanderführer vorgeschlagen, biege ich hinter der Schmöckwitzer Brücke direkt rechts ab und durchwate den feinen Sand einer Badestelle. Im Sommer kann man hier sicher prima schwimmen gehen. Jetzt räkelt sich nur eine etwas prollige Familie im märkischen Sand, anderthalb Meter weiter parken zwei Kleinwagen. Park & Chill sozusagen.
Ich lasse die Generation Sonnenbank hinter mir und folge dem Uferweg entlang des Zeuthener Sees. Auf der anderen Seite des Ufers reihen sich Villen mit exklusiven Wassergrundstücken aneinander – ich fühle mich fast ein bisschen wie am Wannsee.
Vorab hatte ich die Halbinsel ja im Internet ausgespäht, war ihr mit Google Maps aus der Vogelperspektive zu Leibe gerückt. Doch die Netzkarten trügen: Wo die Google-Karte nur ein einheitliches Grün zeigt, verlaufen in Wirklichkeit zahlreiche Forstwege über den „Schmöckwitzer Werder“. Der Wanderer hat also die Wahl entweder bis zur südlichsten Landzunge nach Rauchfangswerder zu laufen oder bereits vorher die Biege zu machen. Entscheidet man sich für den Ort, erwarten einen nicht weniger als zwei Restaurants: Das eine serviert Fisch, das andere Schnitzel mit Pommes. Vor dem Fischrestaurant lungerte die Wirtin, vor dem Schnitzelrestaurant saßen die Köche und schälten Kartoffeln. Nur Gäste waren keine in Sicht.
Und auch ich entschied mich, lieber noch etwas weiter zu wandern. Nicht zuletzt empfahl der Wanderreiseführer doch das Lokal Strandlust, welches sich am nördlichen Ende des Werders direkt am Seddinsee auf einer Art schwimmendem Floß befindet. Von außen unscheinbar, gab es drinnen wirklich ein verdammt leckeres Wiener Schnitzel mit Pommes. Die Bedienung schien zwar noch etwas im Winterschlaf zu sein (nach zehn Minuten warten, haben wir uns die Speisekarte einfach selbst vom Nebentisch organisiert), aber das schmälerte den Genuss von Schnitzel und guter Aussicht kaum.
Alles in allem ein sehr gelungener Ausflug, der erstens zeigt wie grün und blau Berlin auch in seinen Stadtgrenzen schon ist, und zweitens belegt, dass man auch in einer Millionenstadt schnell Orte erreichen kann, wo man stundenlang keiner Menschenseele begegnet. Kaum ein Berliner kennt eben Schmöckwitz – ein Vorteil den zu nutzen es gilt.