Klein und quadratisch: Das Display des iPod nano ist kaum größer als ein 2-Euro-Stück
Der iPod war einmal der beste MP3-Player der Welt – in Design und Intuitivität kaum zu übertreffen. Das ist vorbei. Vor lauter Style und Minimalismus hat Apple mit dem neuen iPod nano vor allem eines abgeschafft: Die Alltagstauglichkeit.
Fünf Gründe gegen den iPod nano 6G:
1. Der Touchscreen
Der neue iPod nano wird fast ausschließlich per Touchscreen gesteuert. Man tippt und wischt also auf dem 2,8 mal 2,8 cm großen Bildschirm herum, wählt mit spitzen Fingern Musik aus, startet und stoppt die Wiedergabe. Das funktioniert einigermaßen gut, wenn man den iPod in der Hand hält. Hat man ihn dagegen in der Hosen- oder Jackentasche, wird selbst das Pausieren eines Titels zur Herausforderung. Und auch an den Winter haben die Entwickler nicht gedacht: Mit Handschuhen lässt sich der iPod nano 6G nicht bedienen. Es wird zudem nicht wirklich klar, warum ein Player dieser Größe einen Touchscreen benötigt – das Scrollrad der Vorgängermodelle ließ sich jedenfalls viel präziser und intuitiver bedienen. Unnötige Spielerei ist die Dreh-Funktion: Mit zwei Fingern lässt sich das Bildschirmmenü in 90-Grad-Schritten drehen. Doch wer will schon sein MP3-Player-Menü auf den Kopf stellen?
2. Die fehlende An- und Aus-Taste
Auf den ersten Blick hat der iPod nano 6G oben rechts am Gerät eine An- und Ausschalttaste. Dafür scheint eine Tastensperre bzw. Touchscreensperre zu fehlen. Erst bei der Bedienung lüftet sich das Rätsel: Die Taste ist doppelt belegt. Hört man Musik mit dem Nano, dann wird mit dem Knopf die Tastensperre aktiviert und der Bildschirm schaltet sich ab. Ist man im Pause-Modus, dann schaltet sich der gesamte Player ab. Im Alltag vergisst man jedoch leicht mal, den iPod vor dem Abschalten zu pausieren. Er läuft unbemerkt weiter und verbraucht Strom.
3. Die Akkulaufzeit
Ganze 24 Stunden soll das kleine Gerät laufen – verspricht zumindest die Werbung. Die Realität ist davon doch deutlich entfernt. Vor allem der berührungssensitive Bildschirm scheint richtig Strom zu ziehen. Ohne mit der Stoppuhr gemessen zu haben: Gefühlt muss ich den neuen Nano deutlich häufiger laden als meinen alten 3G.
4. Die Uhrzeit
Auf älteren iPods konnte man auch bei abgedunkeltem Bildschirm die Uhrzeit in großen Ziffern auf dem Bildschirm ablesen. Dass die Umschaltung zwischen 12/24-Stunden-Modus bei meinem Nano der dritten Generation nie richtig funktionierte – geschenkt. Beim neuen Nano schaltet die Tastensperre gleich den kompletten Bildschirm ab. Und auch sonst hakt die Uhren-App ziemlich. Ruft man sie auf, sieht man eine schön gestaltete Analoguhr. Aktiviert man dann die Tastensperre – was sehr zu empfehlen ist, weil man sonst versehentlich Eingaben auf dem Touchscreen macht – dann ist beim erneuten Anschalten des Bildschirms auch die Uhr weg. Erst durch rumfummeln am Bildschirm (Winter! Handschuhe!) kommt sie wieder zum Vorschein.
5. Die fehlenden Features
Schaut man auf die Funktionen, dann ist beim neuen iPod nano einiges weggefallen: Er kann keine Videos oder Video-Podcasts mehr abspielen. Es gibt unverständlicherweise kein Coverflow mehr (für alle, die es nicht kennen: Schicke 3D-Darstellung von Albencovern). Die Spiele sind ersatzlos entfallen, ebenso die Suche nach Titeln per Bildschirmtastur. Einige Fachmagazine sehen den Nano 6G deshalb eher in der Tradition des iPod Shuffle, also des kleinen Apple-Players der ganz ohne Display funktioniert.
In der Tat ist es nicht ganz klar, warum Apple ein Gerät auf den Markt bringt, was deutlich weniger kann als die Vorgänger, dabei aber deutlich mehr kostet. Und Besserung ist auch nicht in Sicht: Wurden beim 3G damals schon nach einigen Wochen das erste Firmware-Upgrade nachgeliefert, welches Fehler ausräumte und Funktionen ergänzte – so muss man hierauf als 6G-Besitzer noch warten. Bis heute ist 1.0 die neueste Version der Firmware.
Natürlich bleibt der iPod nano 6G insgesamt ein solider MP3-Player, mit dem man gut unterwegs Musik hören kann. Die kleinere Größe und das minimalistische Design mögen für manchen ein Kaufgrund sein. Alles in allem waren die Vorgänger-iPods aber die überzeugenderen Geräte.
Nachtrag 11. März: Apple hört anscheinend doch noch auf die Nutzer. Soeben ist ein Update für den iPod nano erschienen. Die Version 1.1 verändert unter anderem die Funktion der Standby-Taste. Hält man sie nun für einige Sekunden gedrückt, schaltet sich der Player komplett ab. Klickt man doppelt auf die Taste, wechselt der iPod wahlweise zum nächsten Titel oder pausiert (lässt sich im Menüpunkt Musik einstellen). Ein großer Fortschritt im Vergleich zu vorher, da man die Grundfunktionen jetzt auch ohne Touchscreen bedienen kann.