Bye-bye Kontrolletti

Es ist ein stiller Abschied. „Verdeckte Kontrollen passen nicht zu dem offenen und ehrlichen Umgang mit unseren Kunden“, sagt BVG-Chefin Sigrid Nikutta im Tagesspiegel. Die Berliner Verkehrsbetriebe werden ab sofort nicht mehr auf getarnte Kontrolleure zurückgreifen.

Was wie eine harmlose Randnotiz in der neuen Freundlichkeitsoffensive der BVG wirkt, ist in Wahrheit ein tiefgreifender Wandel in Bus und Bahn. Es ist die Abschaffung des Kontrolletti, jenes letzten Desperado des Nahverkehrs.

„Opa, was ist eigentlich ein Kontrolletti?“, werden uns irgendwann unsere Enkel fragen, die auf ihrem Smartphone mal wieder zu lange in der Wikipedia rumgeblättert haben. Und wir werden sagen: „Also Kinder, das war so…“

Und dann werden wir ihnen von der ausgestorbenen Gattung der Kontrolletti erzählen: Unrasierte, bullige Kerle mit Wampe und verbrauchte Mittvierzigerinnen mit glasigem Blick. Getarnt in Jacken von Aldi und Kik streifen sie durch die U-Bahn-Waggons. Immer auf der Jagd nach abgelaufenen Fahrscheinen und nicht korrekt aufgeklebten Schülermarken. Ein Leben im Untergrund.

Für die Fahrgäste die große Spannung: Verkauft der zerlumpte Kerl da vorne gleich die Motz oder will er doch nur meinen Fahrschein sehen?

Der Umgangston bei der Kontrolle ist ruppig. „Kann ich mal ihr Ticket sehn?“, raunzt der Kontrolletti. Und die Berliner motzen zurück: Über die U-Bahn, die ständig verspätet sei. Über die hohen Fahrpreise. Und über die unfreundlichen Kontrollen. Am Ende zeigen fast alle ihre Monatskarte. Man nickt sich zu, es ist nur ein Spiel.

All das wird es in Zukunft nicht mehr geben. Keine Kopfprämie pro überführtem Schwarzfahrer, stattdessen schicke Uniformen. Die neuen Kontrolleure sagen vermutlich sogar „Bitte“ und „Danke“, wenn sie einen Fahrschein sehen wollen. Es tun sich Abgründe auf.

Doch die Trauer hilft nichts, die Tage des Kontrolletti sind endgültig gezählt. Ich werde sie vermissen. Bye-bye Kontrolletti.