Es geschah am hellichten Tag…

Am Sonntagnachmittag wollte ich zwei wichtige Dinge erledigen: Wählen gehen und meinen Müll runterbringen. Als ich vom Hof zurückkam ahnte ich noch nicht, was mir kurze Zeit später widerfahren würde. Um nicht noch einmal auf- und wieder zuschließen zu müssen, stellte ich meinen grauen Papierkorb vor der Wohnungstür ab. „Den klaut schon keiner“, sagte ich noch zu mir.

Als ich eine dreiviertel Stunde später vom Wählen zurückkam, war mein Papierkorb verschwunden. Ich habe überall nachgeschaut: Bei den Mülltonnen im Hof, im Hausflur und sogar in der Wohnung (obwohl es ja erwiesenermaßen eher selten vorkommt, dass sich Papierkörbe durch geschlossene Türen hinweg verschieben). Aber keine Spur von dem grauen Eimer!

Nun könnte man ja sagen „was solls, sowas passiert halt…wird dem Lukas eine Lehre sein, wo er seinen Papierkorb immer vor der Tür stehen lässt…noch dazu in Kreuzberg“. Doch damit würde man es sich zu einfach machen.

Es ist ziemlich wahrscheinlich, dass ein Nachbar meinen Papierkorb entwendet hat. Unsere Haustür schließt zuverlässig und besonders viel Publikumsverkehr war am Sonntagnachmittag auch nicht zu beobachten gewesen. Ich glaubte plötzlich, den eisigen Hauch der sozialen Kälte im Haus spüren zu können (vielleicht war es auch der Herbst). Denn wer möchte schon gerne mit Nachbarn Wand an Wand wohnen, die einem hinterrücks den eigenen Papierkorb vor der Tür wegklauen?

Wieso stiehlt überhaupt jemand einen Plastikeimer, der neu nur etwa fünf Euro kostet und gebraucht wohl kaum einen Wiederverkaufswert besitzt? Ich wollte mehr erfahren und ging im Haus von Tür zu Tür. Ich fragte die nette Frau vom Stockwerk obendrüber, klingelte bei dem verstrubbelten Amerikaner und wartete vergeblich vor der Tür des türkischen Ehepaares. Doch niemand hatte den Papierkorb gesehen oder wollte zugeben, dass er ihn gesehen und dann mitgenommen hatte.

Also probiere ich es jetzt mit kleinen Postern, die ich im Hausflur aufgehängt habe. Zugegeben, die Geschichte darauf ist etwas dramatisiert. Aber wer seinen Papierkorb zurückhaben möchte, der muss klotzen, nicht kleckern (was schlecht wäre, so ohne Papierkorb).

Nachtrag (20.09.): Der Aushang hat offensichtlich gewirkt. Heute früh stand mein Papierkorb plötzlich wieder vor der Tür – ganz so als wäre er nie weg gewesen. Halt nicht ganz, oben klebte noch ein Zettel dran mit der Aufschrift „Tut mir leid!“.

5 thoughts on “Es geschah am hellichten Tag…

  1. Unglaublich! Was für ein schlimmer Verlust! Ich bin tief bestürzt. Wie kann man so was machen?
    Aber vielleicht hilft der Aushang ja dabei, dem Dieb ein schlechtes Gewissen zu machen 😉

  2. mir wurde mal der biomülleimer geklaut, auch aus dem hinterhof. habs auch nicht verstanden. v.a. weil ich noch nie zu denjenigen gehörte, die den biomülleimer regelmäßig von verbliebenem biomüll reinigen würden. nunja.

  3. Wer läßt denn bitte auch solch ein Prachtexemplar einfach so draußen stehen. Ich habe ähnliches schon einmal in einer Bar in der Boxhabenerstraße erlebt. Dort war die Barbesitzerin entsetzt das sich jemand wohl regelmäßig an Ihrer Toiletten Seife zu schaffen macht und sie entwendet. Thats Berlin.

  4. Manche spinnen. Bei uns im Hof wurde mal ne ganze und volle Tonne geklaut. Die lag dann später zwei Straßen weiter ungekippt.

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