Street-Art: Kaugummi-Automaten und Briefkästen ohne Ende

Dass Kaugummi-Automaten seit meiner Kindheit einen besonderen Reiz auf mich ausüben, hatte ich an anderer Stelle ja schon erwähnt. Deshalb habe ich mich auch besonders über diese Street-Art-Collage in meiner Nachbarschaft (Paul-Lincke-Ufer beim Bouleplatz) gefreut. Hunderte Kaugummi-Automaten hat dort jemand auf Poster gedruckt und nebeneinander geklebt. Von weitem sieht man erst gar nicht was es ist. Die grobe Struktur macht neugierig. Erst wenn man näher kommt, sieht man die Automaten.

Mit der Kaugummi-Automaten-Collage macht der unbekannte Street-Art-Künstler zudem Dinge sichtbar, die wir im Alltag häufig übersehen. Allein auf meinem Weg zum Supermarkt laufe ich schon an zwei bis drei Kaugummi-Automaten vorbei. Man nimmt sie nur aus dem Augenwinkel wahr, viele sind mit Graffiti beschmiert oder haben anderweitig gelitten. Sie stehen in der fahlen Wintersonne und warten auf kleine Kundschaft. Doch wie selten sieht man jemanden ein zehn Cent Stück einwerfen und an dem knirschenden Rad drehen! Ich glaube mittlerweile stehen oder hängen die meisten Kaugummi-Automaten ja nur noch aus Gewohnheit. Weil es in Berlin eben immer schon so war. Und wer weiß, vielleicht steckt hinter der Street-Art-Collage ja auch einfach ein Automatenaufsteller, der mal wieder etwas Werbung für seine kleinen Apparate machen will…

Hier noch eine schöne Variante mit Briefkästen (Kottbusser Damm/Gräfestraße):

Schokoherzen für die Post

Kommt auch an, was ich hineinwerfe? Briefkasten der Post in Schleswig-Holstein.

Meine Schwester hat in ihrem Marburg-Blog ja schon kein gutes Haar an den Zustellmethoden der Deutschen Post gelassen. Zu Recht! Denn ich stelle mal die Vermutung in den Raum, dass fast jeder von uns eine solche Anekdote erzählen kann. Meine geht so:

Einige Wochen vorm Valentinstag wollte ich meiner Freundin in Estland eine Packung Milka-Schokoherzen zuschicken. Mäßig originell, ich weiß, aber das spielt für die folgende Geschichte eigentlich keine Rolle. Wer Milka-Schokoherzen kennt, weiß auch, dass sie in einem rechteckigen relativ flachen Karton verpackt sind. Ideal um sie in einem Luftpolsterumschlag als Großbrief International zu verschicken. Der kostet deutlich weniger als ein Postpaket nach Estland und soll auch nur unwesentlich länger in der Zustellung dauern. Also alles gut verpackt, eine Karte mit Liebesbekundungen hinzugefügt und alles fein säuberlich mit viel Spucke auf der Klebekante des Umschlages versandfertig gemacht. In der Postagentur Reichenhainer Straße in Chemnitz kannte man zwar Estland nicht und konnte zunächst auch nicht zweifelsfrei klären, ob das Land zur Tarifzone Europa gehört, aber auf mein Drängen klebte man dann doch eine 3,40-Euro- statt einer 6,00-Euro-Marke auf den Brief. (Ein anderes Mal wussten die Mitarbeiter auch nicht, ob die Schweiz noch oder schon zu Europa gehört, aber das ist eine andere Geschichte.)

Machen wir es kurz: Der Valentinsbrief mit den Schokoherzen kam natürlich nicht an. Schokohungrige Mitarbeiter der Postagentur, der Fahrer zum Verteilzentrum, die Mitarbeiter des Verteilzentrums, der Fahrer vom Verteilzentrum zum Flughafen, die Bodencrew, der Pilot und/oder die Besatzung der Postmaschine, diverse Zollmitarbeiter auf deutscher und estnischer Seite, der estnische Fahrer vom Flughafen zum Postverteilzentrum, die estnischen Mitarbeiter im Postverteilzentrum oder der estnische Postbote kommen als Schokovertilger in Betracht. Wären die Herzen auf der estnischen Seite verschwunden könnte ich es ja sogar fast ein bisschen mehr verstehen, denn wer einmal estnische Kalev-Schokolade probiert hat, kennt und meidet sie vermutlich wegen ihres leicht muffigen Geschmacks. Aber sonst?

Wer einmal bei der Post nach einem verschwundenen Brief gefragt hat, der weiß wie sinnlos dieses Unterfangen ist. Weg ist weg. Die Deutsche Post weiß natürlich, dass jeden Tag hunderte, ja vielleicht sogar tausende Briefe spurlos verschwinden. Einige Mitarbeiter werden immer dicker, weil sie so viel Schokolade essen, andere laufen mit neuen Knöpfen herum oder haben plötzlich ein dickes Portemonnaie. Die Post reagiert auf dieses Problem schon seit längerem mit dem Produkt „Einschreiben“. Gegen die Gebühr von 2,05 Euro wird ein Brief bis rund 30 Euro versichert und der Brief macht dann das, was er ohnehin tun soll: Er kommt an. Das man für diese Selbstverständlichkeit einen Aufpreis bezahlt, zeigt eigentlich nur, wie wenig Vertrauen die Post in ihre eigene Dienstleistung hat.

Warten aufs Polo


„Gehen Sie mit ihrer Tafel im Partnerlook“: So soll das grüne Polohemd aussehen

Grün soll es sein. Grün wie eine Tanne. Grün wie die Folie einer Ritter Sport-Tafel der Sorte Ganze Mandel. Die Rede ist von einem Polohemd, welches mir der bekannte Schokoladenhersteller eigentlich noch schicken wollte. Als Belohnung für meinen Einsatz: 25 Tafeln Ritter Sport in etwa zwei Monaten essen, die Treuesiegel ausschneiden und auf eine Karte kleben. Selbst für einen passionierten Schokoladen-Gourmet wie mich keine ganz leichte Aufgabe! Doch was tut man nicht alles für ein grünes Polohemd und eine spezielle, nicht im Handel erhältliche Schokoladentafel (die soll es nämlich mit dazu geben).

Also bis Ende Oktober 2009 besonders viel Tafeln gekauft und natürlich Familie und Freunde animiert, ebenfalls zur Schoko im Quadrat zu greifen.  Siegel  ausgeschnitten, aufgeklebt und Karte rechtzeitig abgeschickt. Dann begann das Warten. Woche um Woche verging ohne eine Nachricht von Ritter Sport. Schließlich – es muss Ende November gewesen sein – endlich eine Postkarte:


Die Familie hat gut lachen: Sie hat ja auch Polohemden und jede Menge Schokolade!

Auf der Rückseite befand sich folgender Text:

„Eigentlich hätten wir Ihnen statt dieser Karte lieber Ihr neues Poloshirt geschickt. Doch leider kommt es wegen der großen Beteiligung an unserer Sammelpunkteaktion zu Verzögerungen bei der Auslieferung der Shirts. Das ist zwar schade, aber kein Grund zur Sorge! Wir haben alle Daten, die wir von Ihnen brauchen. Name, Anschrift, Größe, Farbe – alles registriert. Das einzige, was uns noch fehlt, ist ein kleines bisschen Zeit. Vielen Dank für ihre Geduld“

In jedem Fall schon mal ein sehr professioneller Kundenkontakt, dass muss man dem Schokoproduzenten bzw. seiner Werbeagentur lassen. Mir fallen auf Anhieb ein halbes Dutzend Firmen ein, die das nicht so gut hinkriegen. Ums weiter warten kommt man aber leider trotzdem nicht herum. 1. Advent, 2. Advent, 3. Advent, 4. Advent. Weihnachten unterm tannengrünen Baum feiern – ohne ebenso grünes Polohemd (was aber vielleicht sogar besser war, so hat mich meine Familie wenigstens gut gesehen).

Jetzt hat das neue Jahr begonnen und von meinem grasgrünen Polohemd immer noch keine Spur. Eigentlich kann es dafür nur eine Erklärung geben: Grüne Polohemden sind weltweit ausverkauft. Restlos! Ritter Sport versucht bestimmt schon alles, um doch noch eins zu bekommen. Sie ziehen alle Register durch den Kakao.  Oder was Schokoproduzenten sonst so tun. Ich stelle mir das ungefähr so vor: Da stehen die Rittersportler (Riesenwortspiel!) vor einer Hemdenfabrik in Vietnam oder Thailand, klopfen an und fragen höflich:„Haben Sie noch ein grünes Polohemd? Es ist ganz wichtig. Wir hatten doch da diese Prämienaktion und ein einziges fehlt uns noch!“ – Die Fabrikbesitzer schütteln dann traurig mit dem Kopf, sie entschuldigen sich wortreich und mit vielen Gesten: „Tut uns wirklich leid, aber wir haben auch keine mehr. Wahrscheinlich nie mehr wieder. Grün wollte einfach niemand tragen, mal ehrlich: Damit sieht man doch aus wie ein Tannenbaum!“ Dann lachen sie und die Ritter-Sport-Leute bleiben ohne Polohemd vor dem Fabriktor stehen. „Es ist zum heulen“, sagen sie leise. „Was sollen wir denn jetzt nur dem jungen Blogger sagen, der so sehnlich auf sein grünes Polohemd wartet?“

Nein das wäre wirklich zu traurig. Lasst uns hoffen, dass es nicht so schlimm kommt und ich mein Hemd doch noch bekomme. In Grün. Grün wie eine Tanne oder wie eine Tafel Ganze Mandel. Fortsetzung folgt.