Pfandregal am Kottbusser Damm

Bei einem Spaziergang am Landwehrkanal habe ich heute direkt gegenüber der Ankerklause dieses originelle Pfandregal entdeckt. Es ist aus Metall geschweißt, orange lackiert und bietet Platz sowohl für Bier- als auch für größere Wasserflaschen. Ob es sich dabei wohl um eine offizielle Entsorgungsmöglichkeit der BSR handelt? Wer jedenfalls nach dem Vor- oder Nachglühen einer Partynacht eine Pfandflasche übrig hat, kann sie bequem dort parken.

Für die einen ist es ein Pfandregal – für die anderen ein Geldautomat: Keine zwei Minuten nach dem ich das Foto gemacht hatte, kam ein Mann mit Rucksack vorbei und sammelte die beiden Flaschen ein. 33 Cent verdient, so leicht kann es gehen…

Street-Art: Kaugummi-Automaten und Briefkästen ohne Ende

Dass Kaugummi-Automaten seit meiner Kindheit einen besonderen Reiz auf mich ausüben, hatte ich an anderer Stelle ja schon erwähnt. Deshalb habe ich mich auch besonders über diese Street-Art-Collage in meiner Nachbarschaft (Paul-Lincke-Ufer beim Bouleplatz) gefreut. Hunderte Kaugummi-Automaten hat dort jemand auf Poster gedruckt und nebeneinander geklebt. Von weitem sieht man erst gar nicht was es ist. Die grobe Struktur macht neugierig. Erst wenn man näher kommt, sieht man die Automaten.

Mit der Kaugummi-Automaten-Collage macht der unbekannte Street-Art-Künstler zudem Dinge sichtbar, die wir im Alltag häufig übersehen. Allein auf meinem Weg zum Supermarkt laufe ich schon an zwei bis drei Kaugummi-Automaten vorbei. Man nimmt sie nur aus dem Augenwinkel wahr, viele sind mit Graffiti beschmiert oder haben anderweitig gelitten. Sie stehen in der fahlen Wintersonne und warten auf kleine Kundschaft. Doch wie selten sieht man jemanden ein zehn Cent Stück einwerfen und an dem knirschenden Rad drehen! Ich glaube mittlerweile stehen oder hängen die meisten Kaugummi-Automaten ja nur noch aus Gewohnheit. Weil es in Berlin eben immer schon so war. Und wer weiß, vielleicht steckt hinter der Street-Art-Collage ja auch einfach ein Automatenaufsteller, der mal wieder etwas Werbung für seine kleinen Apparate machen will…

Hier noch eine schöne Variante mit Briefkästen (Kottbusser Damm/Gräfestraße):

Spontane Party auf dem Eis

Ein Transporter von Robben & Wientjes, ein Kessel mit Glühwein und ein DJ – mehr braucht man nicht, um in Berlin ganz spontan eine Party auf dem Eis zu feiern. So gesehen gestern Nachmittag im Park gegenüber der Lohmühlenbrücke in Kreuzberg.

Auch sonst war auf dem gefrorenen Landwehrkanal viel los: Jede Menge Spaziergänger, Eltern mit Kinderwagen und natürlich mein Bruder und ich. Wir nutzten dann auch gleich die Abkürzung übers Eis, um schneller zum Supermarkt zu kommen. Auf dem Rückweg gab es dann unerwartete Probleme: Wir hatten unseren Einkaufswagen wohl zu schwer beladen und die Eisdecke war wohl doch noch nicht dick genug. Jedenfalls knackte es plötzlich und schon brach unser Wagen ein. Schöne Bescherung! Ich konnte gerade noch nach einer Cola-Flasche greifen, ehe alles versank.

Leider habe ich von diesem einmaligen Moment kein Beweisfoto schießen können, aber wenn ihr im nächsten Frühjahr am Kanal eine Packung Erbsengemüse oder ein paar Fischstäbchen vorbeischwimmen seht, dann denkt an diese wahre Begebenheit. In diesem Sinne: Frohen Winter!

Discounter-Krieg in Kreuzkölln

Aldi war das erste Opfer: Der Markt am Maybachufer war eines Morgens plötzlich weg. Kein Licht, keine Waren, vor der Tür drehte schon der Abrissbagger seine Kreise. An der Grenze zwischen Kreuzberg und Neukölln tobt schon seit längerem der Discounter-Krieg. Es geht um viel: So zählt etwa der angrenzende Reuterkiez auf der Neuköllner Seite zu den am dichtesten besiedelten Gebieten von Berlin (und das obwohl es dort fast keine Hochhäuser gibt).

Der Schließung des ALDI war eine Provokation von LIDL nebenan vorangegangen. Der Markt hat dank seines großen Parkplatzes ohnehin schon einen Vorteil im Kampf um die Kunden. LIDL hatte seinen Verkaufsraum renoviert, die Regale umsortiert und sich mit einer Backstation bewaffnet. Man glaubt ja gar nicht, was diese Aufbackapparate für eine Anziehungskraft haben. Davon hängt häufig schon die Entscheidung für oder gegen einen Einkauf dort ab: „Gehen wir zu Aldi oder zu LIDL?“ – „Ach lass doch zu LIDL gehen, bei Aldi gibt es nur dieses labbrige Tütenbrot.“ Entscheidung getroffen. Und die Erfahrung zeigt: Meistens kauft man aus Bequemlichkeit doch nur in einem Supermarkt ein.

Der Discounterkrieg geht weiter! Letzte Woche wollte ich nach dem Schwimmen gehen noch rasch bei Penny vorbei. Auch hier: Der komplette Laden war leergeräumt. Keine Waren, keine Regale, keine Kassen. Stattdessen Handwerker, die den Laden aufrüsten, ihn für den Konkurrenzkampf stählen. So stehen Bier, Wein und Chips jetzt direkt vorne an den Kassen. Wer also nur für den Partyabend einkauft, braucht nicht durch den ganzen Laden zu laufen. Dafür ist der unsägliche Non-Food-Plunder (Billig-Kleidung, schrottige Haushaltsgeräte etc.) nach hinten gewandert. Und auch hier liefert eine Backstation brummend neue Brote im Stundentakt.

So ein Komplettumbau will ja gut überlegt sein. Statistisch gesehen hat ein Supermarkt zwischen 20-30.000 Produkten. Diese Warenmassen müssen schnell und sicher in ein Lager und hinterher wieder zurückgebracht werden. Das steckt schon eine unglaubliche Logistik dahinter. Nicht zu vergessen: Während der ganzen Zeit des Umbaus verdient die Filiale keinen einzigen Cent.

In unserem Kiez scheint es sich jedenfalls zu lohnen. Denn wie ich per sicherer Mundpropaganda erfahren habe: Der Aldi ist gar nicht weg, er lädt nur nach. Der Markt am Maybachufer wird in wenigen Monaten komplett neu aufgebaut. Größer, sauberer und vielleicht sogar mit Backstation. Der Discounter-Krieg in Kreuzkölln geht also weiter…

Es geschah am hellichten Tag…

Am Sonntagnachmittag wollte ich zwei wichtige Dinge erledigen: Wählen gehen und meinen Müll runterbringen. Als ich vom Hof zurückkam ahnte ich noch nicht, was mir kurze Zeit später widerfahren würde. Um nicht noch einmal auf- und wieder zuschließen zu müssen, stellte ich meinen grauen Papierkorb vor der Wohnungstür ab. „Den klaut schon keiner“, sagte ich noch zu mir.

Als ich eine dreiviertel Stunde später vom Wählen zurückkam, war mein Papierkorb verschwunden. Ich habe überall nachgeschaut: Bei den Mülltonnen im Hof, im Hausflur und sogar in der Wohnung (obwohl es ja erwiesenermaßen eher selten vorkommt, dass sich Papierkörbe durch geschlossene Türen hinweg verschieben). Aber keine Spur von dem grauen Eimer!

Nun könnte man ja sagen „was solls, sowas passiert halt…wird dem Lukas eine Lehre sein, wo er seinen Papierkorb immer vor der Tür stehen lässt…noch dazu in Kreuzberg“. Doch damit würde man es sich zu einfach machen.

Es ist ziemlich wahrscheinlich, dass ein Nachbar meinen Papierkorb entwendet hat. Unsere Haustür schließt zuverlässig und besonders viel Publikumsverkehr war am Sonntagnachmittag auch nicht zu beobachten gewesen. Ich glaubte plötzlich, den eisigen Hauch der sozialen Kälte im Haus spüren zu können (vielleicht war es auch der Herbst). Denn wer möchte schon gerne mit Nachbarn Wand an Wand wohnen, die einem hinterrücks den eigenen Papierkorb vor der Tür wegklauen?

Wieso stiehlt überhaupt jemand einen Plastikeimer, der neu nur etwa fünf Euro kostet und gebraucht wohl kaum einen Wiederverkaufswert besitzt? Ich wollte mehr erfahren und ging im Haus von Tür zu Tür. Ich fragte die nette Frau vom Stockwerk obendrüber, klingelte bei dem verstrubbelten Amerikaner und wartete vergeblich vor der Tür des türkischen Ehepaares. Doch niemand hatte den Papierkorb gesehen oder wollte zugeben, dass er ihn gesehen und dann mitgenommen hatte.

Also probiere ich es jetzt mit kleinen Postern, die ich im Hausflur aufgehängt habe. Zugegeben, die Geschichte darauf ist etwas dramatisiert. Aber wer seinen Papierkorb zurückhaben möchte, der muss klotzen, nicht kleckern (was schlecht wäre, so ohne Papierkorb).

Nachtrag (20.09.): Der Aushang hat offensichtlich gewirkt. Heute früh stand mein Papierkorb plötzlich wieder vor der Tür – ganz so als wäre er nie weg gewesen. Halt nicht ganz, oben klebte noch ein Zettel dran mit der Aufschrift „Tut mir leid!“.

Im Grenzgebiet von Kreuzkölln

Liegt der Hermannplatz in Kreuzberg oder in Neukölln? „Ganz klar Kreuzberg“, sagen die einen und nicken bekräftigend. „Neukölln natürlich“, sagen die anderen und nicken ebenfalls kräftig. Klar ist: Die Grenzen in Kreuzkölln sind völlig verwischt. Ob im Graefe- oder Reuterkiez, das ist eigentlich egal – überall sehen die Szenekneipen, Self-Made-Designer-Läden und Spätis gleich aus. Und die dazugehörigen Hipster, mal ganz unter uns, die sehen auch überall gleich aus. Wer weiß da noch, wem der Hermannplatz gehört?

Die Zuordnung fällt nicht gerade leicht, denn Bezirksgrenzen sind in Berlin nicht deutlich markiert. Also ein Blick ins Internet: Doch auch die Standardwaffe Google Maps hilft hier nicht weiter. Die Berliner Bezirksgrenzen sind auf der Karte nicht eingezeichnet. Sucht man per Adresssuche direkt nach dem Hermannplatz, gibt Google Maps als Bezirk ‚Kreuzberg‘ an. Doch stimmt das auch?

Ich will eine offizielle Antwort. Bei meinen Recherchen stoße ich auf das Tool Fisbroker, das von den Bezirksämtern bereit gestellt wird. Optisch ist die Seite irgendwo in den 90ern stehengeblieben. Aber die Karten stimmen. Und sie zeigen eindeutig: Die Grenze zwischen Kreuzberg und Neukölln verläuft genau über den Hermannplatz. Wenn man bei Karstadt einkauft, befindet man sich noch in Kreuzberg. Geht man aber in Richtung Hermannplatz aus der Tür, steht man plötzlich in Neukölln. Der Platz mit unscheinbarer Statue, Currywurstbude und Asia-Imbiss gehört ebenfalls zu dem Bezirk. Google Maps liegt mit seiner Kreuzberger Angabe also falsch.

Der Kottbusser Damm, wird selbst von gebürtigen Berlinern zu Neukölln gezählt. Falsch! Denn laut offizieller Bezirkskarte liegt er komplett in Kreuzberg.

Der Grenzverlauf über den Hermannplatz hinweg sorgt noch für ein anderes Kuriosum: Weil das Gebäude von Karstadt ab der ersten Etage in Neukölln hineinragt, muss das Kaufhaus jährlich eine nicht unerhebliche „Luftsteuer“ an den Bezirk zahlen.

Die Penner auf dem Platz stört das alles nicht: Sie haben ihre Biersteuer schon bezahlt. Rund 9 Cent pro Flasche Sterni. Egal ob in Kreuzberg oder in Neukölln.