Nennung von Foto-Urhebern: So machen es die anderen

Die Wellen schlugen hoch nach meinem Artikel über die Verwendung von Photocase-Bildern auf ZEIT Online. Das Onlinemedium versteckt die Angabe von Foto-Urhebern teilweise so gut auf seiner Seite, dass sie für Otto-Normal-User kaum auffindbar ist. Das BILDblog berichtete über den Fall. Es folgten viele Kommentare hier im Blog, in denen eifrig diskutiert wurde, ob die Vorgehensweise von ZEIT Online rechtlich korrekt und ob sie fair gegenüber den Urhebern von Fotos ist.

Ist es ein Einzelfall? Auch andere große Onlinemedien bedienen sich gerne auf Seiten wie Photocase.com. Die Auswahl ist groß und die Preise niedrig. Die Redaktionen sparen dabei, weil Fotos in professionellen Stock-Fotodatenbanken (z.B. GettyImages) natürlich viel teurer sind. Im Prinzip ist daran auch nichts auszusetzen: Wenn die Nutzungsbedingungen beachtet werden und, wie in diesem Fall gefordert, der Urheber klar am Foto benannt wird.

Dass die Onlineausgaben von anderen Zeitungen bei der Nennung von Foto-Urhebern konsequenter sind als ZEIT Online, zeigt ein kurzer Blick ins Internet:


FAZ.net: Wird ein Bild als Teaser verwendet, dann ist es auch im Artikel zu finden. Der Fotograf wird am Foto benannt. Ausnahme: Sonderseiten (etwa zu Cannes)


SZ Magazin: Wird ein Bild als Teaser verwendet, dann ist es auch im Artikel zu finden. Hier steht die Nennung sogar oben direkt unter dem Teaser.


FR-Online.de: Auch hier werden als Teaser verwendete Bilder erneut im Hauptartikel verwendet – und mit Urheberangabe am Foto versehen


Taz.de: Geteaserte Fotos werden auch im Artikel selbst verwendet – und direkt am Foto mit Hinweis auf den Fotografen versehen


NZZ.ch: Auch hier werden Teaserbilder erneut im Artikel verwendet und dort mit Urheber beschriftet. Ausnahme: Die Dossiers.

Halten wir fest: Landauf, landab nennen Onlinemedien die Urheber ihrer Fotos direkt am veröffentlichten Bild. Ein verwendetes Teaserbild wird im Artikel selbst erneut gezeigt und der Urheber dort genannt. Die Onlineseiten lassen den Fotografen damit die Nennung und Anerkennung zukommen, die ihnen zusteht. ZEIT Online versteckt die Quellen ihrer Teaserbilder dagegen in einem schlecht auffindbaren und durch die Nummerierung der Fotos möglicherweise missverständlichen Extra-Fenster.

Ein genauerer Blick auf ZEIT.de

Das nachfolgende Beispiel zeigt, dass ZEIT Online durchaus weiß, wie man Foto-Urheber korrekt benennt. Wird ein Foto im Artikel selbst verwendet, sieht es nämlich so aus:


Die Nennung erfolgt in diesem Fall sogar mit Link zu Photocase. Wird ein Teaserbild nicht im geteaserten Artikel selbst verwendet, erfolgt die Erwähnung des Urhebers hingegen versteckt.


Übersicht zum Selberzählen: Wem gehört das xy. Bild von oben? Wie funktioniert die Zählweise bei verstreuten Bildern auf der Seite? Und wieso werden die Fotos mal verlinkt (rot unterlegt) und mal nicht?

Darüber hinaus scheint das System von ZEIT.de nicht immer zuverlässig zu funktionieren. So zähle ich zum Beispiel auf dieser Seite inklusive aller Teaserbilder ohne Videos, Werbebilder und Grafiken acht Fotos. Benannt sind unter „Bildrechte“ aber nur fünf:

ZEIT Online und die Urheber

Korrektur 01.06.: Wie Frank von photocase.com mir in einem recht harschen Kommentar mitteilte, gibt es wohl doch eine Nennung der Fotourheber auf ZEIT Online. Sie versteckt sich auf der Webseite ganz unten. Wenn ihr jetzt fragt „Wo denn?„, dann geht es euch wie mir. Der Textlink ist zwischen den Menüpunkten „Schlagworte“ und „Datenschutz“ so unauffällig platziert, dass ich ihn beim Schreiben meines Artikels tatsächlich übersehen habe. Ich kenne die Statistiken von ZEIT.de nicht, aber ich vermute mal, dass es sich um einen der am seltensten geklickten Links handeln dürfte. Es öffnet sich jedenfalls ein Layer-Fenster, in welchem die Urheber aller Fotos auf der Seite genannt werden. Und zwar durchnummeriert. Sind also 24 Fotos auf der Seite, muss der Leser diese erst mal selbst durchzählen, bevor er in der Tabelle ablesen kann, wer welches Bild gemacht hat. Juristisch ist das sicher korrekt, aber nicht besonders urheberfreundlich. Der normale Leser wird kaum mitbekommen, dass hier Fotos von externen Quellen wie Photocase verwendet wurden. Warum nicht einfach eine Nennung direkt am Bild (etwa, wie bereits vorgeschlagen, als Zeile, die beim Überfahren mit der Maus sichtbar wird)? Halten wir also fest: Der unten erhobene Vorwurf, es würden auf ZEIT.de keine Urheber von Fotos genannt, ist falsch. Hierfür möchte ich mich entschuldigen. Bestehen bleibt: ZEIT Online bedient sich billig bei Photocase, um dann den Hinweis auf den Urheber so gut wie möglich zu verstecken.

Der ursprüngliche Artikel:

Die ZEIT gibt sich gern als Vorkämpferin der Urheberrechte. Im Netz nimmt sie es aber selbst anscheinend nicht so genau damit…

Als ich gestern auf ZEIT Online stöberte, fiel mein Blick auf ein Foto. Es zeigt die Silhouette eines Mannes, der vor einer Fensterfront entlangläuft. „Das Bild kennst du doch“, war mein spontaner Gedanke. Ein paar Klicks weiter die Gewissheit: Dieses Foto stammt von mir. Ich habe es schon 2004 während einer Führung durch das Bundeskanzleramt gemacht.

Der Mann auf dem Verbindungsgang, das Gegenlicht, es passte einfach alles. Ein Klick und ich hatte das Bild auf der Speicherkarte. Ich war Urheber. Das Bild gefiel mir so gut, dass ich es später bei Photocase.com hochgeladen habe. „Ein Mann – ein Weg“, überschrieb ich es knallig, damit viele es sich anschauen würden.

Auf Photocase hat jeder die Möglichkeit, Fotos hochzuladen und sie anderen zur Verfügung zu stellen. Wer selbst Fotos hochlädt, der bekommt Punkte, mit denen er Fotos von anderen herunterladen kann. Wer selbst nichts hochlädt, kann diese Punkte aber auch gegen Geld erwerben.

ZEIT Online hat das Bild des rundlichen Mannes (der vermutlich kein „kranker Chef“ ist, sondern vielleicht Mitarbeiter des damaligen Kanzlers oder Angestellter des Kanzleramtes) also gekauft. Genauer hat ZEIT Online eine so genannte „Basislizenz“ erworben. Diese gestattet „die Nutzung des Fotos als Bestandteil von „eigenständigen grafischen Werken“ oder in einem „redaktionellen Rahmen“.“

So eine Basislizenz ist nicht teuer. Das Foto mit dem Silhouetten-Mann kostet in der günstigsten Variante weniger als zwei Euro. Im Gegenzug verpflichtet sich der Käufer aber, den Urheber des Fotos zu nennen.

So heißt es unter Punkt 2.4 der Nutzungsbedingungen:

Urheber- und Quellennennung bei Fotos

Der Downloader hat den Fotografen bei der Verwendung des Fotos im Impressum oder am Bild als Urheber mit Namen, und soweit dies nicht möglich ist, mit seinem Benutzernamen bei PHOTOCASE zu nennen (Urhebernennung). Zugleich damit ist PHOTOCASE als Quelle des Fotos zu bezeichnen (Quellennennung). Bei einer Verwendung in Online-Angeboten muss die Nennung mit einem Link zu der Webseite PHOTOCASE unterlegt sein. Eine zulässige Urheber- und Quellenangabe würde daher lauten: „Foto: [Name des Fotografen]./ Quelle PHOTOCASE [in Online-Angeboten entsprechend verlinkt]“. Fotos dürfen jedoch auch ohne Urhebernennung und Quellenangabe genutzt werden, sofern, wenn verfügbar, die entsprechenden erweiterten Nutzungsrechte erworben werden.“

ZEIT Online hätte mich also im Umfeld des Fotos erwähnen und einen Link auf Photocase setzen müssen oder aber die „erweiterten Nutzungsrechte“ kaufen müssen.

Diese sind nicht ganz so günstig: Kostet das Silhouetten-Bild in der Basisversion rund zwei Euro (von denen ich einen Euro erhalte), so wird die „Nutzung ohne Quellenangabe“ mit fast 27 Euro berechnet (von denen ich ebenfalls einen kleineren Anteil erhalte).

ZEIT Online hätte also folgende Möglichkeiten gehabt, das Foto mit der Silhouette des Mannes zu nutzen:

  1. Mich als Urheber benennen (etwa in einer Bildunterzeile oder in der Bezeichnung, die beim Überfahren des Bildes mit dem Mauszeiger sichtbar wird)
  2. Bei Photocase eine Lizenz ohne Nennung der Quellenangabe erwerben (Kostenpunkt rund 27 Euro statt zwei Euro)
  3. Mich über Photocase anschreiben, ob ich die Nutzung des Bildes nicht zu anderen Bedingungen oder kostenfrei gestatte

ZEIT Online hat sich dafür entschieden, sich billig bei Photocase zu bedienen und den Urheber des Fotos nicht wie es sich gehört zu nennen.

 „Wir sind die Urheber“, war der Appell überschrieben, mit dem sich 100 Autoren und Künstler wenige Tage zuvor in der ZEIT gegen den Diebstahl geistigen Eigentums und die Stärkung des Urheberrechts ausgesprochen hatten. Die ZEIT schmückt sich offensichtlich gerne mit diesen Forderungen. Da ist es schon erstaunlich, wenn im dazugehörigen Onlinemedium einfach die bestehenden Regelungen übergangen werden und die Urheber von Fotos absichtlich oder unabsichtlich einfach nicht genannt werden.

„Die alltägliche Präsenz und der Nutzen des Internets in unserem Leben können keinen Diebstahl rechtfertigen und sind keine Entschuldigung für Gier oder Geiz.“, heißt es in der Erklärung weiter. ZEIT Online scheint genau diesem Geiz erlegen zu sein.

Denn wie die Kommentare im Profil von ZEIT Online bei Photocase zeigen, ist der Kauf der günstigen Bilder kein Einzelfall. Dutzende User fragen in den Kommentaren, wo ihr Bild verwendet wurde und ob sie eine Nennung als Quelle bekommen können. Viele freuen sich, dass ein Bild von ihnen verwendet wurde. ZEIT Online reagiert auf diese Kommentare nicht.

Das Leben als Groschenroman

Ob Hundemagazine, Jägerzeitschriften oder Feng-Shui-Hefte: Die Zeitungsläden sind voll von ziemlich schrägen Druckerzeugnissen. Einige stelle ich ja hin und wieder in meiner Rubrik „Im hinteren Regal“ vor. Aber wieso gibt es im Internet eigentlich noch keine gesammelte Liste der skurrilsten Zeitschriften? Das wäre doch mal witzig. Das Betroffenheits-Magazin „Meine Schuld“ vom Groschenheft-Verlag Keller würde in jedem Fall mit auf diese Liste gehören. In der trashig aufgemachten Zeitschrift erzählen Frauen von (angeblich) wahren Schicksalen. Die Ehe ist gescheitert, die Kinder werden zu Satanisten und Opa schiebt die Oma ins Altersheim ab. Von dieser Art sind die Lebenskrisen, die hier behandelt werden. Die Berliner Journalistin Juliane Wiedemann hat das Heft in ihrem Blog untersucht. Aber lest ihre lustige Rezension am besten selbst.

Werbung an Bord

Da liege ich doch gestern nach Feierabend noch im Treptower Park am Ufer und schaue aufs Wasser. Plötzlich schiebt sich eine Werbewand ins Bild. Was ist denn nun los? Das Wirtschaftsmagazin brand eins hat sich ein kleines Motorboot gemietet, es mit Werbetafel für das neue Heft ausgestattet und lässt es nun von zwei Studenten (Vermutung) das Spreeufer entlangfahren. Eine sehr coole Werbeidee, wie ich finde, die noch dazu viel Aufmerksamkeit auf sich zieht. Bleibt nur zu hoffen, dass jetzt nicht alle Firmen auf den Zug äh das Boot aufspringen. Sonst fährt bald eine Reklametafel nach der anderen am Treptower Ufer vorbei – und man sieht nur Werbung statt Wasser.

Die dünnsten Geschichten der Welt

Gestern in der GMX-Redaktion:

Chef vom Dienst: „Wir brauchen noch eine Geschichte für den Aufmacher! Irgendwelche Ideen?“
Redakteur (kramt in Unterlagen):„Strauß-Kahn?“
Chef vom Dienst: „Hatten wir schon x mal, das klickt nicht mehr.“
Redakteur: „Griechenland-Krise?“
Chef vom Dienst: „Verstehen unsere Leser eh nicht. Das muss simpel sein!“
Redakteur: „Wie wäre mit einer Klickstrecke?´“
Chef vom Dienst: „Schon besser…aber zu welchem Thema denn?“
Redakteur (grübelnd): „Hm…Tierbabys hatten wir schon…Bikinimädels auch. Aber wie wäre es mit: Die schmalsten Häuser der Welt“
Chef vom Dienst (stirnrunzelnd): „Kriegen wir da mehr als fünf Fotos zusammen?“
Redakteur (klickt sich schon durch die Datenbank): „Aber klar doch. Da gibt es eins in einem Kaff bei London und hier Entwürfe für ein 1,52 Meter Haus in Polen…oder dieses hier: Ein dreieckiges Haus irgendwo in China.“
Chef vom Dienst: „Dann los! In einer halben Stunde will ich das Ding auf der Startseite sehen! Bin mal gespannt ob wir damit den bisherigen Favoriten „20 süße Hundewelpen“ vom Klick-Thron kegeln.“ (lacht in sich hinein)

So kam es vermutlich, dass GMX.de am 6. Juli mit dem Artikel „Die schmalsten Häuser der Welt“ aufmachte.

Goodbye Gunnar! Noch mehr Schupelius


Schupelius und 13 Playmates: So präsentiert die BZ die „Mein-Ärger“-Videos

Letzte Woche haben wir unseren ersten vorläufigen Abschiedsartikel für Gunnar Schupelius online gestellt – und wurden damit sogar im BILDblog erwähnt. Und jetzt ist es tatsächlich schon soweit: Am Freitag verabschiedete sich der BZ-Journalist von seinen Lesern in einer letzten Mein-Ärger-Kolumne.

Milde gibt sich Gunnar Schupelius zum Abschied, der große Ärger scheint verraucht. Genüsslich schwelgt er stattdessen in Erinnerungen (z.B.  an rund 40 Kolumnen, die er gegen den Bürgermeister geschrieben habe. Wowereit daraufhin: „Sie wissen, dass Sie niemals ein Interview von mir bekommen?“, Schupelius darauf kess: „Ja, aber wussten Sie, dass ich gar keins haben will?“). Und er spart nicht mit Verweisen auf seine Erfolge: Eine Schutzscheibe zum Schutz vor Übergriffen in BVG-Bussen sei nur dank ihm eingeführt worden, ohne ihn hätte es auch keinen gläsernen Warteunterstand für Botschaftspolizisten gegeben. Fast schon obligatorisch der Dank an die Leser, die ihn mit Briefen und Postkarten immer unterstützt hätten und ihm sicher viele Ärgerthemen überhaupt erst zugeschickt haben.

1331 Kolumnen hat er geschrieben, sagt Schupelius in seinem Abschiedsvideo – er lächelt stolz. Dann eine Kunstpause. Als er die Zahl noch mal nennt, kommt er ins Stocken. Er muss die Zahl noch mal nennen, jetzt lacht er fast. Was für eine Wahnsinnszahl! Drei Jahre Ärger über Sprayer und Taxifahrer, über Gewalttäter und Leute, die aus der Flasche trinken, über Wowereit und über die CDU und natürlich vor allem über die Linken und die Grünen.

Seinen Zorn habe er nicht aus Abneigung auf die Stadt niedergehen lassen – nein, aus Liebe! Und das nimmt man ihm fast ab. Natürlich liebt er nicht ganz Berlin, den Westen etwas mehr als den Osten und die Konservativen mehr als die Linken – klar, aber immerhin.

Wer sich so öffentlich ärgert, kriegt nicht nur Zustimmung. Schenkt man Schupelius Glauben, dann schlägt einem so manches Mal sogar blanker Hass entgegen. „Ich bekam unangenehme Post von Linksradikalen und Graffiti-Schmierern. Damit musste ich leben.“ Kein Wort der Selbstkritik, Schupelius ist immer noch überzeugt von dem was er getan hat.

Mit Gunnar Schupelius verliert die BZ einen ihrer pointiertesten Kommentatoren. Man könnte auch sagen ihren einzigen. Schupelius polarisierte, vertrat abwegige Standpunkte und kämpfte einen aussichtslosen Kampf gegen den Verfall der Hauptstadt.

Liest man seine Kolumnen merkt man schnell: Schupelius fühlt sich unwohl in einer Welt ohne Regeln. Ohne Vorschriften funktioniert das menschliche Zusammenleben in seinen Augen nicht. Linksextreme, Migranten, Grüne sind ihm suspekt, ja unheimlich. Berlin als Stadt ohne Regeln, es ist das große Thema, dass sich durch alle Kolumnen von Schupelius zieht.

Ganz zum Schluss seines Abschiedstextes wünscht er – und das klingt etwas hochgegriffen – seinen Lesern „Gottes Segen“ und prophezeit, dass man sich in „goldenen Zeiten“, vielleicht unter einer „besseren Regierung“ wiedersehen werde. Dann ist er weg.

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Die drei absurdesten Mein-Ärger-Kolumnen:

Weil es so schön ist, zeigen wir zum Abschied noch einmal die schönsten Stücke von Schupelius. Im letzten Artikel haben wir die sechs lustigsten Videos gezeigt, jetzt legen wir noch drei Mal richtig absurden „Ärger“ oben drauf:

1. Wen meinen wir, wenn wir von Migranten sprechen?


Schupelius fragt sich: „Warum nennen wir Kinder, die in Berlin geboren sind, eigentlich ‚Migranten‘ “? Und kombiniert blitzgescheit: „Migrant heißt ‚Wanderer‘“. Doch diese Kinder sind keine Wanderer. Deshalb sei der Begriff falsch. Tja, schön dass die BZ es auch mal merkt – alle anderen verwenden schon längst das Wort „Migrationshintergrund“.

Nach dem Patzer leitet Schupelius ungeschickt auf Muslime über: 90 Prozent der Muslime würden sich als religiös bezeichnen. Das ist Schupelius nicht geheuer. Er weist auf religiöse Unrechtsregime hin – wollen die Muslime in Berlin das etwa auch? Er räumt ein: „Ich weiß es nicht, es würde mich aber interessieren“. Zum Schluß gibt er sich weltläufig: „Von mir aus können alle Menschen in Berlin leben, […] unter einer Bedingung, dass sie unsere Gesetze anerkennen, allen voran unser Grundgesetz.“ Das hat gesessen: Mal wieder um Kopf und Kragen gequasselt.

2. Die Straße vor dem Kanzleramt


Der gerechte Zorn des Gunnar Schupelius kann jeden treffen. Niemand ist sicher: Nicht die CDU, nicht das KaDeWe und nein, nicht einmal die Straße vor dem Kanzleramt.

Das wird jetzt etwas ermüdend, aber die ganze kafkaeske Auto-Odyssee von Schupelius wird nur im Wortlaut wirklich deutlich: „Wenn ich am Kanzleramt vorbei nach Moabit fahren will, muss ich Slalom fahren. Denn die Willy Brandt Straße direkt vor Frau Merkels Dienstsitz ist gesperrt. Also muss ich scharf rechts in die Paul-Löbe-Allee einbiegen, dann links in eine namenlose Teerpiste, dann noch einmal links in die Otto-von-Bismarck-Allee und wieder rechts in die Willy-Brandt-Straße.“

Vielen wäre wahrscheinlich gar nicht aufgefallen, dass sie dreimal abgebogen sind. Schupelius aber hat aufgepasst. Gleich nach der Rückkehr in die Redaktion recherchiert er, warum die Straße vor dem Kanzleramt gesperrt ist. „Im Paul-Löbe-Haus haben Bundestagsabgeordnete ihre Büros. Sie sagten, der Verkehr vor ihrer Haustür würde sie stören und sei zu laut.“ Schupelius kann es kaum fassen, Sicherheitsbedenken der Kanzlerin, die kann er akzeptieren. Aber das Bundestagsabgeordnete eine Straße dicht machen, das geht nicht. Das ist frech. Sie müssten den Verkehrslärm aushalten, schließlich sei man nicht im „Sanatorium“! Um seinen Punkt zu unterstreichen, greift Schupelius noch mal weit in die CDU-Geschichte zurück und behauptet: Konrad Adenauer, nach dem diese Straße benannt ist, hätte das bestimmt nicht gewollt. Wir bezweifeln, dass es Adenauer überhaupt interessiert hätte.

3. Aufhebung des Sargzwangs für Muslime


Sollte der Sargzwang für Muslime aufgehoben werden? Wer hat sich das nicht immer schon mal gefragt? Schupelius referiert gekonnt die Tücken des deutschen Bestattungswesens und kommt dann auf den Punkt: Wenn Aufhebung, dann nur wenn Christen auch sarglos unter die Erde kommen dürfen. Weil in Berlin ohnehin kaum noch jemand an Gott glaube, sei das keine so schlechte Sache, wie vielleicht zunächst angenommen. Den Vorwurf, Muslime würden durch den Sargzwang diskriminiert, lässt Schupelius nicht gelten: „Im übrigen werden solche Themen auch meist von kleinen Interessengruppen vorgetragen, von muslimischen Kleingruppen, die nur winzige Teile der muslimischen Bevölkerung repräsentieren“.  Bevor er es sich mit allen Religionen verscherzt, leitet Schupelius schnell auf ein anderes Problemthema um: Burkinis im Schwimmbad. Geschickt, geschickt! Kleine Zusatzaufgabe: Zählt mal mit, wie oft Schupelius im Podcast das Wort „Sargzwang“ verwendet.

PS: Das ging schnell. Die BZ hat die Mein-Ärger-Kolumne komplett von ihrer Online-Seite genommen und wirbt an der Stelle nun für ihre frischgebackene Facebook-Fanseite. Wir wollen hoffen, dass das nicht der einzige Ersatz für Schupelius wird…

Danke an Laurence Thio für die gemeinsame Arbeit an diesem Artikel.