Schokoherzen für die Post

Kommt auch an, was ich hineinwerfe? Briefkasten der Post in Schleswig-Holstein.

Meine Schwester hat in ihrem Marburg-Blog ja schon kein gutes Haar an den Zustellmethoden der Deutschen Post gelassen. Zu Recht! Denn ich stelle mal die Vermutung in den Raum, dass fast jeder von uns eine solche Anekdote erzählen kann. Meine geht so:

Einige Wochen vorm Valentinstag wollte ich meiner Freundin in Estland eine Packung Milka-Schokoherzen zuschicken. Mäßig originell, ich weiß, aber das spielt für die folgende Geschichte eigentlich keine Rolle. Wer Milka-Schokoherzen kennt, weiß auch, dass sie in einem rechteckigen relativ flachen Karton verpackt sind. Ideal um sie in einem Luftpolsterumschlag als Großbrief International zu verschicken. Der kostet deutlich weniger als ein Postpaket nach Estland und soll auch nur unwesentlich länger in der Zustellung dauern. Also alles gut verpackt, eine Karte mit Liebesbekundungen hinzugefügt und alles fein säuberlich mit viel Spucke auf der Klebekante des Umschlages versandfertig gemacht. In der Postagentur Reichenhainer Straße in Chemnitz kannte man zwar Estland nicht und konnte zunächst auch nicht zweifelsfrei klären, ob das Land zur Tarifzone Europa gehört, aber auf mein Drängen klebte man dann doch eine 3,40-Euro- statt einer 6,00-Euro-Marke auf den Brief. (Ein anderes Mal wussten die Mitarbeiter auch nicht, ob die Schweiz noch oder schon zu Europa gehört, aber das ist eine andere Geschichte.)

Machen wir es kurz: Der Valentinsbrief mit den Schokoherzen kam natürlich nicht an. Schokohungrige Mitarbeiter der Postagentur, der Fahrer zum Verteilzentrum, die Mitarbeiter des Verteilzentrums, der Fahrer vom Verteilzentrum zum Flughafen, die Bodencrew, der Pilot und/oder die Besatzung der Postmaschine, diverse Zollmitarbeiter auf deutscher und estnischer Seite, der estnische Fahrer vom Flughafen zum Postverteilzentrum, die estnischen Mitarbeiter im Postverteilzentrum oder der estnische Postbote kommen als Schokovertilger in Betracht. Wären die Herzen auf der estnischen Seite verschwunden könnte ich es ja sogar fast ein bisschen mehr verstehen, denn wer einmal estnische Kalev-Schokolade probiert hat, kennt und meidet sie vermutlich wegen ihres leicht muffigen Geschmacks. Aber sonst?

Wer einmal bei der Post nach einem verschwundenen Brief gefragt hat, der weiß wie sinnlos dieses Unterfangen ist. Weg ist weg. Die Deutsche Post weiß natürlich, dass jeden Tag hunderte, ja vielleicht sogar tausende Briefe spurlos verschwinden. Einige Mitarbeiter werden immer dicker, weil sie so viel Schokolade essen, andere laufen mit neuen Knöpfen herum oder haben plötzlich ein dickes Portemonnaie. Die Post reagiert auf dieses Problem schon seit längerem mit dem Produkt „Einschreiben“. Gegen die Gebühr von 2,05 Euro wird ein Brief bis rund 30 Euro versichert und der Brief macht dann das, was er ohnehin tun soll: Er kommt an. Das man für diese Selbstverständlichkeit einen Aufpreis bezahlt, zeigt eigentlich nur, wie wenig Vertrauen die Post in ihre eigene Dienstleistung hat.

Münze rein, Münze raus

Vorhängeschloss bitte selbst mitbringen: Schwimmbad-Schränke in Südafrika (Damien du Toit / Flickr)

„Oh, ich wusste gar nicht, dass das Geld wieder rauskommt.“ Der Mann mittleren Alters wirkt ehrlich erstaunt. Dann bedankt er sich und nimmt den Euro, den ich ihm aus dem Münzrückgabefach seiner Schranktür im Stadtbad Charlottenburg reiche. Er blickt nachdenklich auf das Geldstück, dreht sich dann um und läuft langsam in Richtung Ausgang.

Ich bin verblüfft. Dass man seinen Euro aus der Garderobenschranktür im Schwimmbad nach der Benutzung zurück bekommt, ist doch eigentlich nichts Besonderes. Das ist doch in allen Berliner Schwimmbädern so und zwar solange ich denken kann. Vor dem Schwimmen wirft man eine Münze ein, schließt den Schrank und zieht den Schlüssel ab. Nach dem Schwimmen kommt man zurück, schließt auf und durch die Drehung fällt auch die Münze zurück ins Ausgabefach. Ein einfacher, aber erfolgreicher Mechanismus, der verhindert, dass jemand sich 100 Schränke nimmt oder mit allen Schlüsseln abhaut.

Einige wenige Ausnahmen mag es geben: In manchen Bädern fädelt man seine Eintrittskarte in das Fach ein und in manchen Thermen gibt es mittlerweile (ganz modern) einen elektronischen Chip, den man am Handgelenk trägt. Und es gibt die ganz schäbige Variante des Freibades Olympiastadion, wo man sein eigenes Vorhängeschloss mitbringen muss. Ansonsten gilt: Von Spandau bis Marzahn wirft man vor dem Schwimmen einen Euro ein und bekommt ihn nach dem Schwimmen zurück.

Und in anderen deutschen Städten ist es ganz genauso. Hamburg, Chemnitz, Kaiserslautern. Der Mechanismus ist überall der Gleiche. Von Flensburg bis Garmisch-Partenkirchen werden Münzen eingeworfen und nach der Benutzung wieder entnommen.

Dass der Mann das nicht wusste, erstaunt und verwundert. Und es bekümmert: Wer weiß, wie lange der Mann schon in Schwimmbäder gegangen ist, ohne zu wissen, dass er nach dem Besuch seinen Euro aus dem Schrank zurückbekommt. 5 Jahre, 10 Jahre, 20 Jahre? Einmal pro Monat oder sogar einmal pro Woche? Jedes Mal ging er davon aus, dass der Schrank halt einen Euro (oder manchmal sogar zwei Euro) extra kostet. Man will sich das gar nicht so genau ausrechnen…

Früher habe ich mich immer riesig gefreut, wenn ich in einem leeren Schwimmbadschrank noch eine Münze gefunden habe. Es kam selten genug vor und meistens auch nur dann, wenn man nicht damit gerechnet hat.  Jetzt weiß ich von wem diese vergessenen Münzen stammen. Es tut mir leid lieber Mann im mittleren Alter, aber ich habe alles in Pommes rot-weiß und Eis am Stiel angelegt.