Man kann vieles sagen, aber nicht, dass sich Karstadt nicht alle Mühe gibt, seine wirklich guten Abteilungen zu verstecken. So etwa das Perfetto, jene hinreißend altmodisch wirkende Mischung aus Gourmetladen und Supermarkt, die unter dem Neuköllner Hermannplatz verborgen auf Kunden wartet. Wer sich oben durch „Wow-Sale“-Ständer mit Mode aus den letzten zwei Jahrzehnten kämpft, kriegt vermutlich gar nicht mit, dass sich unter der Erde ein Schlaraffenland der Köstlichkeiten befindet.
Die natürlichen Stärken von Perfetto liegen dort, wo die normalen Supermärkte schwächeln: Es gibt exzellenten Schinken und Salami, eine Fleischtheke mit Kalb und Weidelamm und jede Menge würzige Bergkäse für eine Brotzeit oder ein Käsefondue. Und es gibt eine Spirituosenabteilung mit einer erstaunlich breiten Auswahl an Whisky und Rum. Genau hier war es, dass ich letztens über einen Angebotsständer mit Cognac stolperte, der wohl schon auf das Weihnachtsgeschäft wartete.
Karstadt und Cognac – das passt perfekt zusammen. Beide haben einen leicht ältlichen Charme, sind schon lange nicht mehr Trend und haben sich seit einer gefühlten Ewigkeit nicht verändert. Cognac der Altherrendrink, Karstadt das Altherrenkaufhaus. Doch machen wir es uns damit nicht zu einfach? Die Qualität des Cognacs liegt ja gerade im Alter. Über viele Jahre reift er im Holzfass, wird immer noch besser. Und sicher würde uns Genießern auch etwas fehlen, wenn er plötzlich nicht mehr da wäre. Genauso auch das Karstadt: Wo würde ich hingehen, wenn es die Filiale am Hermannplatz mit ihrer großen Haushaltswarenabteilung und mit dem Perfetto im Tiefgeschoss nicht mehr gäbe?
Der Vergleich von Karstadt und Cognac stimmte mich so wehmütig, um ein Haar hätte ich mir den Weinbrand und noch zwei gute Cognacschwenker dazu gekauft. Um anzustoßen auf dieses Kaufhaus. Und auf die große Auswahl. Ich habe es dann doch bei 150g Serrano-Salami und einem Stück Greyerzer-Käse belassen. Gestern habe ich gesehen, dass es den Schweizer Käse inzwischen auch bei LIDL gibt. Harte Zeiten für Karstadt. Auch Napoleon auf seinem weißen Pferd sollte sich besser warm anziehen. Oder noch einen Schluck Cognac trinken. Denn merke: Das wärmste Jäckchen ist immer noch das Kognjäckchen.