Die Tücken der P-Sharan

Ich bin aber auch selbst Schuld: Da schenke ich meiner Schwester Deborah zu Weihnachten eine Pinhole-Kamera aus Pappe und überlasse ihr ganz allein den schwierigen Teil des Aufbaus. Äußerlich wirkte das Bastelset aus Japan durchaus einfach und verständlich. Die Packung des Modells  P-Sharan STD-35e lockte mit bunten Fotos und dem Versprechen des Herstellers „assembles in 1 hour or less“. Die Montage sollte sogar komplett ohne Klebstoff erfolgen, was den Schwierigkeitsgrad in meinen Augen deutlich zu senken schien.

Dass dem nicht so ist, stellt Deborah jetzt in ihrem Blog klar. In stundenlanger Geduldsarbeit hat sie die weitgehend unverständliche Anleitung interpretiert und Dutzende ähnlich beschrifteter Einzelteile (P1, B2, M7 etc.) zusammengefügt. Nicht mit Klebstoff, sondern mit den beigelegten Klebestreifen (soviel zum Versprechen „glueless“). Ihr Bericht dieses Unterfangens ist überaus lesenswert und für mich schon jetzt einer der lustigsten Blogartikel des Jahres. Aber lest am besten selbst: Deborah bastelt sich ‘ne Kamera.

Bloß nicht verzetteln!


Wer kennt sie nicht: Witzige oder auch nur witzig gemeinte Aushänge im Treppenhaus, am Laternenmast oder am Schwarzen Brett der Uni. Es wird aufgerufen, appelliert und gedroht, dass es eine wahre Freude ist. Neu ist das nicht. Aber in kaum einer anderen Stadt laufen so viele skurrile Fundstücke auf wie in Berlin.

Und fast scheint es, als würden in diesem Jahr alle Zettelsammler Deutschlands praktisch zeitgleich auf die Idee kommen, ihre Schätze aus den Schubladen zu kramen und ins Internet zu stellen. Glaubt man dem Datum des ersten Artikels, dann hat gezettelt.de angefangen, dicht gefolgt von Notes of Berlin. Und auch tagesspiegel.de ruft nun – wohl inspiriert von der neuen Zettellust der Blogger – seine Leser zum Einsenden von eigenen Fundstücken auf.

Joab Nist, der Blogger hinter Notes of Berlin, sammelt seit rund zwei Jahren die skurrilsten Aushänge, die er auf seinen Streifzügen durch die Hauptstadt entdeckt. Einige nimmt er mit nach Hause, von anderen macht er direkt vor Ort ein Foto. Eine ganz beachtliche Sammlung sei so zusammengekommen, erzählt er. Und die will der gebürtige Münchner jetzt Stück für Stück ins Netz stellen.

Damit der Zettelstrom aber nicht versiegt, braucht er trotzdem immer neue Einsendungen. Deshalb rührte Joab Nist kurz nach Eröffnung seines Blogs Anfang Oktober kräftig die Werbetrommel. Er mailte berlinspezifische Blogs und Online-Magazine an und schrieb den Online-Redaktionen großer Berliner Tageszeitungen. Einige griffen seinen Vorschlag auf und berichteten über Notes of Berlin. Der Tagesspiegel reagierte hingegen nicht.

Umso erstaunter war Nist, als er kurze Zeit später auf der Onlineseite der Zeitung einen Aufruf an die Leser entdeckte, selbst skurrile Zettelfunde einzusenden. Hat der Tagesspiegel seine Idee einfach geklaut? Nist glaubt nicht an einen Zufall. Doch die Beweislage ist schwierig. Autor des Aufrufs ist Henning Onken, Online-Redakteur der Zeitung und Betreiber des Blogs Fenster zum Hof. Auf seiner Seite haben er und eine Kollegin aber schon viel früher skurrile Aushänge und Zettel gepostet. Und ein Blick in die Fotocommunity Flickr zeigt: Auch dort hat das Veröffentlichen von witzigen Zetteln schon seit Jahren viele Anhänger.

Letzten Endes ist es aber auch nicht ganz so entscheidend, wer mit den Zettel-Blogs angefangen hat. Wichtiger ist, dass die Fundstücke witzig sind und zum Schmunzeln einladen. Und da liegt Joab Nist derzeit ganz weit vorne.

Nachtrag: Auch Bild online ist jetzt auf die Zettel gekommen und will wohl vor allem seine Leserreporter zum Einsenden motivieren. Zeitungswebsite-typisch werden die  Zettel-Fotos  als Klickstrecke präsentiert.