Minigolfen mit Ruinen


Verkehrsgünstig gelegen: Die Bushaltestelle vorm Haus am Waldsee ist auch ein Kunstobjekt.

Eigentlich wollte ich ja keine Endhaltestelle doppelt anfahren, aber diesmal musste ich einfach: Das Haus am Waldsee, eine Museumsvilla im schönen Berlin-Zehlendorf, lockte unweit des U-Bahnhofs Krumme Lanke mit seinem Skulpturengarten. Ich könnte jetzt erzählen, dass ich nur wegen der Bushaltestellen-Installation von Michael Sailstorfer hier war. In dem kleinen Holzhaus verbirgt sich eine komplett eingerichtete Miniwohnung mit Bett, Tisch und Kochnische. Praktisch: Wenn man in einer Haltestelle wohnt, verpasst man morgens nie mehr den Bus! Oder ich könnte über den Bauwagen des Niederländers William Engelen philosophieren, der aktuelle Wetterdaten von einem Klangcomputer in Töne und Geräusche umrechnen lässt. Das klang am Tag meines Besuchs wie eine Mischung aus Minimal-Techno und Krach. Aber eigentlich war ich wegen etwas ganz anderem hergekommen: Im Garten der Villa gibt es eine künstlerisch-gestaltete Minigolfanlage.


Stilecht mit roten Minigolf-Gartenlampen: Der Ruinenparcours im Skulpturenpark.

Kunst und Minigolf – wie geht das zusammen? Minigolf ist ja von wenigen Ausnahmen abgesehen eine eher spießige Angelegenheit. Das hat die Künstlerin Ina Weber nicht davon abgehalten, einen Parcours zu konstruieren, der aus verfallenen Bauwerken besteht. Sie hat Plattenbauten in Beton gegossen, Kirchenruinen modelliert, ein geschlossenens Kino und eine Tankstelle dekoriert. Auf jeder der zwölf Bahnen steht ein anderes Kunstwerk. „Trümmerbahnen-Minigolf“ heißt das Werk und für fünf Euro pro Person kann man es unbegrenzt bespielen. Schläger und Bälle bekommt man direkt am Eingang, ein weiterer Eintritt wird nicht fällig.


Erst links an die Bande und dann rechts rüber – obwohl das Hindernis außerhalb der Bahn steht, habe ich ewig gebraucht.

Was kann man sagen: Berlins erstes Kunst-Minigolf macht richtig Spaß. Dazu trägt neben den originell-gestalteten Hindernissen auch die schöne Lage direkt am Waldsee bei (auf der anderen Seite stehen einige der nobelsten Villen Zehlendorfs mit privatem Bootssteg). Die meisten Bahnen sind relativ leicht und auch für Einsteiger bequem unter sieben Schlägen zu meistern. Nur Bahn acht, ein graues Hochhaus mit eingebauter Rampe zum durchschießen, hatte es in sich. Allerdings hat Ina Weber vor allem die Gestaltung der Hindernisse verändert, nicht ihre Form. Viele Bahnen kommen einem von anderen Plätzen bekannt vor. Da gibt es den Drei-Röhren-Tunnel, den Zick-Zack-Kurs und das Loch, was auf einer kleinen Anhöhe in der Mitte der Bahn liegt und deshalb schwer zu treffen ist. Das schmälert den Spielspaß aber nur geringfügig.

Ich habe die Wartezeit zwischen den Schlägen genutzt und einige Fotos von den Bahnen und meiner lieben Mitspielerin geschossen:


Actionreich: Die Bahn mit der zerstörten Brücke lädt zum schnellen Spiel ein.


Herausfordernd: Beim Hochhaus geht es auf der einen Seite rein und auf der anderen wieder heraus – wenn man trifft.


Abwechslungsreich: Ab durch die Mitte oder geschickt über die Seiten spielen?


Stimmungsvoll: Die Lido-Bahn hat mir besonders gut gefallen – auch wenn der Schwierigkeitsgrad eher leicht ist.

Waldhaus – The place to be


Wer im Waldhaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen – so manches geflügelte Wort hat seinen Ursprung im Traditionslokal am Wannsee

“Keep it real”, lautet eine alte Hip-Hopper-Weisheit und keine Location lebt diesen Satz wohl so wie das Waldhaus in Berlin. An der East Coast des Wannsee mitten im Grunewald gelegen, rockt der hölzerne Gourmettempel seit über 100 Jahren die gastronomische Szene von Charlottenburg-Wilmersdorf. So fragen sich viele anglophile Deutsche: How can it be, dass dieser Laden seit Jahren so hot performt?

Im Waldhaus sagen sich nicht nur Fuchs und Hase gute Nacht, hier geben sich Stars und Promis die Klinke in die Hand. Und lassen sie kurz darauf wieder los. Supercrank! Auf den ersten Blick verbirgt die In-Scene Location No. 1 im Westen der Stadt geschickt ihre Upper-Class-Attitude: Die VIP-Parkplätze sind nur mit einem P ausgezeichnet. Die Buchstaben VI spart man sich hier. Dafür ist der Service sonst above the limit: Die Kellner bringen erst zwei Champagner (Rémy Martin, was anderes kommt nicht in die auf exakt -23 ° Celsius geeisten Gläser), dann waschen sie mit dem Rest der Flasche den Wagen, bringen die zwölf Zylinder der Aston Martins und Jaguars zum Glänzen.


Den Wagen kann man wahlweise mit Champagner oder Whisky waschen lassen – bei letzterem können jedoch braune Flecken zurückbleiben (siehe Bild)

Die handbreite Speisekarte überrascht: Statt Heilbutt an Mangobutter mit blanchierten Bärlauchtrüffeln wartet ein Schnitzel Vienna Style mit Frittes de Pommes auf die Gucci-Gourmets. Faux pas oder geschickter Schachzug? Mitnichten, kocht doch in der Küche des Waldhaus niemand weniger als Claude de Boussier-Chanson, französischer Lebemann und Spitzenkoch von Weltrang. Glauben wir zumindest.

Das Waldhaus weiß dabei immer, wo es steht: An der Havelchaussee. Und so glänzt man auch auf der eigenen Homepage mit Nonchalance. Statt von rauschenden Festen neureicher Zehlendorf-Kids spricht man lieber von „gehobener Biergartenatmosphäre“ und gibt sich weltoffen: „Nicht nur alteingesessene Berliner schätzen die Atmosphäre des Restaurants, in dem Gäste vom Lutscher bis zur Zigarre und von der Cola bis zum Bordeaux verkehren.“

Da ist sie wieder, die Keep-it-real-Philosophie des Waldhaus, diesem sympathischen Hotspot im Westen der Hauptstadt.

Minigolf mal modern


Das Labyrinth-Hindernis ist nicht ganz ohne – dieser Ball ist auf dem richtigen Weg.

Minigolf klassisch

Eine Partie Minigolf für mich seit jeher mit verschiedenen absolut typischen Elementen verbunden: Zum einen ist da der Platz. Akkurat gestutzte Hecken, Bodenplatten aus Kieselsteinbeton und natürlich die Außenleuchten mit den bunten Glaskuppeln. Letztere kommen natürlich nur äußerst selten zum Einsatz, weil der Platz um 9 Uhr abends zu macht und es dann im Sommer noch hell ist. Im Winter, wenn es dunkel genug wäre, um die Lampen anzuschalten, hat aber wiederum der Platz zu. Ein Dilemma, dass aber auf dem Minigolfplatz niemanden zu stören scheint. Immerhin wäre es ja theoretisch möglich noch bis spät in die Nacht zu spielen.

Nicht zuletzt erinnern mich Minigolfplätze immer irgendwie an Kleingartenkolonien. Das ist deshalb erstaunlich, weil ich praktisch keinen Platz kenne, der tatsächlich an eine Kolonie grenzt. Trotzdem ergeben sich Übereinstimmungen: Auf dem Minigolfplatz gilt ein festes, praktisch in Stein gemeißeltes Regelwerk. Dazu gehört, dass man die Bahnen nicht betreten darf, nur sieben Schläge für jedes Loch hat und keine Bahn doppelt spielen darf. Über die Einhaltung der Regeln wacht der Platzwart mit Adleraugen. Manchmal gut gelaunt, häufig eher grummelig gibt er die Schläger und Bälle aus, ermahnt Kinder nicht die Bahnen zu betreten und verkauft nebenbei Eis am Stiel.

Freude und Ärger liegen beim Minigolf eng beieinander und so kann ich mich an keinen Platzbesuch meiner Kindheit erinnern, bei dem nicht am Ende irgendjemand von uns weinte oder sich fürchterlich aufregte. Angeblich waren die Bahnen schief gewesen, einzelne Hindernisse völlig unschaffbar schwer oder die Mitspieler hätten einen beim sechsten Schlag bei Loch 17 fiese abgelenkt. Platzwarte sagen in diesen Momenten gar nichts. Sie vertrauen darauf, dass die Eltern ihre weinenden Kinder mit einem Eis am Stiel beruhigen. Oder einfach gehen. Hilft beides fast immer, ersteres geht aber schneller.

Was ist gemalt und was echt? Die Indoor-Minigolfbahnen im Schwarzlichtviertel verblüffen.

Minigolf modern – im Schwarzlicht

In diesem traditionell geprägten Umfeld erscheint die Idee des Schwarzlichtviertels in Hamburg überaus mutig. Bei dieser Indoor-Attraktion im Stadtteil Stellingen spielt man Minigolf in einer abgedunkelten Unterwasser-Phantasiewelt.

Im U-Boot gleich hinter der Eingangslounge wird man von einem waschechten Kapitän per Videobotschaft auf den kniffligen Einsatz vorbereitet. „Ahoi, ihr Landratten“, grüßt er und weist in die Grundregeln des Platzes ein. Dann geht es auch schon auf den Parcours. Und der kann sich sehen lassen: Drei Spielwelten mit insgesamt 18 ½ liebevoll gestalteten Bahnen warten auf die Minigolfer. Da umspielt man Neptuns Dreizack, legt sich mit den Klotzköpfen der Osterinsel an oder schießt den Ball genau ins Innere eines Vulkans. Die Bahnen leuchten dabei ebenso wie die Hindernisse und die Bälle. Sie sind mit fluoreszierenden Farben bemalt, die im Schwarzlicht grell erscheinen. Und überall lauern kleine Details: Da warten hungrige Haie, Skelette schmoren in Dschungel-Kerkern und in einem schrägen Laboratorium wird an neuen Minigolf-Ideen getüftelt. Minigolf ist nicht mehr nur eine gerade Bahn vor spießiger Kleingartenkulisse, sondern wird zu einem optischen Erlebnis.

Und mit einer weiteren Tradition bricht die Schwarzlichtwelt: Die Bahnen sind aus weichem Filz und dürfen betreten werden. So kann man bei kniffligen Kursen auch mal dichter an den Ball heran, um ihn endlich einzulochen. Der Schwierigkeitsgrad schwankt dabei zwischen eher einfach und verdammt schwierig. Einige Löcher verpassten wir auch nach sechs Schlägen (der zulässigen Höchstzahl) weit. Häufig muss über steile Rampen in die Luft gespielt werden, keine leichte Übung.

Ein Manko: Trotz vorher reservierter Startzeit stauten sich die Besucher bei einigen schwierigen Bahnen, insbesondere in der Mitte der Dschungelwelt. Vor einem wird dann noch gespielt, man selbst ist schon fertig, während hinter einem die nächsten schon nachrücken. Und auch bei der Soundkulisse gibt es Abzüge: Statt Unterwasserblubbern dröhnten am Samstagabend erst deutscher Rap und dann Michael Jackson aus den Lautsprechern.

Den umherlaufenden Kindern gefällt die verspielte Schwarzlichtwelt genauso wie den zahlreichen Erwachsenen. Am Eingang eine feiernde Männerrunde, die sich mit Schlägern und Bällen eindeckt. Minigolf wird zum partytauglichen Szene-Erlebnis. Wenn das unser mürrischer Platzwart von damals geahnt hätte…

Weitere Infos gibt es auf www.schwarzlichtviertel.de. Eine gute Idee bleibt nicht lange unentdeckt: Im Görlitzer Park in Berlin-Kreuzberg soll im Juni 2010 ebenfalls eine Indoor-Minigolfwelt mit Schwarzlicht eröffnen (www.indoor-minigolf-berlin.de).

Verschlossenes Paradies

Ich habe es gefunden: Ein Stück vom Paradies. Es liegt in Hamburg-Eimsbüttel, ziemlich am Ende der beliebten Einkaufsmeile in der Osterstraße. Von außen ist der Laden ganz und gar unscheinbar. Die Fenster sind verhängt, nur durch ein Bullauge an der Tür kann man ins Innere spähen. Drinnen: Ein Paradies für Flipper-Liebhaber. Mindestens sieben Geräte warten hier auf Münzeinwurf und flinke Finger an den Knöpfen. Medieval Madness, Monster Bash, Believe it or not, Austin Powers und Indiana Jones heißen die Geräte, die vermutlich das Herz jedes Flipper-Fans höher schlagen lassen.

Das liegt nicht zuletzt vielleicht auch daran, dass es kaum noch Orte gibt, an denen man gepflegt eine Runde Flippern kann. Die Technik der Geräte ist aufwendig und störanfällig, wer gerne spielt, der tut das heute komplett digital auf der Spielkonsole im heimischen Wohnzimmer. Münzen muss man dort auch nicht investieren, das Kaufen eines Datenträgers beinhaltet bereits lebenslange Spielzeit. Früher gab es Flipper in praktisch jeder gut laufenden Kneipe – heute muss man danach suchen. Gelegentlich findet man dann per Zufall in einer ziemlich ollen Kneipe in der hintersten Ecke ein verstaubtes Gerät, was auch nur deshalb dort steht, weil der Wirt seit zwanzig Jahren nicht renoviert hat. Das digitale Zeitalter hat die schönen alten Spielgeräte praktisch vollständig verdrängt.

Doch zurück in die Osterstraße. Ich will ins Paradies! Münzen habe ich auch mit. Doch dann die Enttäuschung: Die Tür ist verschlossen. Samstagabend gegen 21 Uhr, der besten Zeit zum Flippern (so rede ich es mir jedenfalls ein), bleibt mir der Weg ins Paradies versperrt. Dann erst fällt mir auf, dass es überhaupt kein Schild mit Öffnungszeiten gibt. Weder an der Bullaugen-Tür noch beim kultig mit Schaufensterpuppen dekorierten Internet-Café nebenan. Das Paradies hat keine Öffnungszeiten. Obwohl drinnen Licht brennt, ist niemand zu sehen. Der Flippergott gibt sich unsichtbar. Doch so schnell will ich nicht aufgeben: Es muss doch einen Weg geben, hier mal eine gepflegte Runde zu spielen. Ich bleibe dran und werde berichten.

König für einen Tag

Vorgestern bin ich überraschend König geworden! Und das kam so: Vorgestern war ja Dreikönigstag und der wird bei uns zuhause nach alter Schweizer Tradition gefeiert. Es gab also einen Dreikönigskuchen aus Hefe mit Walnüssen, Rosinen und Aprikosenmarmelade als Füllung. In dem Kuchen – und das ist der Clou – ist eine goldene Münze eingebacken. Wer sie bekommt, der wird König und darf sich eine bunte Papierkrone auf den Kopf setzen. Damit enden seine Privilegien aber leider auch schon. Natürlich führt dieser Brauch zu allerlei taktischen Überlegungen beim Kuchenessen: Soll ich das Stück am Rand nehmen oder lieber eines aus der Mitte? Ist die Münze wohl in ein kleines Stück eingebacken oder befindet sie sich in einem großen? Und es sorgt auch dafür, dass man mitunter noch ein Stück extra isst in der Hoffnung, dass in diesem endlich die heißersehnte Königsmünze versteckt ist. Eine schöne Tradition wie ich finde und der Kuchen (Bäckerin meine werte Schwester), war auch wirklich verdammt lecker. So lecker, dass ich trotz Königswürde am nächsten Tag nur einen leeren Teller mit ein paar Krümeln vorfand. König ist man eben immer nur für einen Tag.