Sushi-Ecken im Untergrund

Mittags auf dem Kottbusser Damm: Türkische Mütter gehen einkaufen. Bärtige Männer sitzen im Café oder promenieren über die nicht vorhandene Promenade. In den Buden drehen sich Dönerspieße brutzelnd im Kreis.

Wer die schmuddeligen Treppen zum U-Bahnhof Schönleinstraße hinuntereilt, der erwartet sicher vieles, aber kein hochwertiges Fast-Food. Und doch gibt es seit kurzem mitten auf dem Bahnsteig der Linie U8 einen neuen Imbiss, der Onigiri verkauft.

Oni…wie? Onigiri sind Reis-Taschen, die ursprünglich aus Japan und Korea kommen. Ein Meeresalgenblatt bildet die Hülle für die herzhafte Füllung aus gekochtem Fisch, Fleisch oder Gemüse und jeder Menge Klebereis. Die aktuellen Kreationen heißen zum Beispiel „Lachs & scharfe Pflaume“, „Hühnchen & Süßkartoffel“ oder „Umeboshi & Stangensellerie“.

Ich entscheide mich für die Variante mit Lachs und scharfer Pflaumensoße. Geschmacklich kann diese durchaus überzeugen: Das Lachsfilet in der Mitte der Tasche ist mit bloßem Auge zu erkennen und hat ein zartes Aroma, welches gut mit der süßlichen Schärfe der Soße harmoniert. Ähnlich wie bei Sushi ist der Eigengeschmack der Tasche im Ganzen aber eher zurückhaltend. Hier würde vielleicht Sojasauce weiterhelfen (die unterwegs aber denkbar unpraktisch ist).

Noch eine weitere Eigenschaft teilt Onigiri mit Sushi: Es macht nicht richtig satt. Um eine Hauptmahlzeit zu bestreiten, muss man schon zwei oder drei der handlichen Taschen essen. Etwas seltsam wirkt da der Werbespot, der auf einem Bildschirm an der Bude gezeigt wird: Onigiri wird da als Alternative zu Currywurst und Döner präsentiert. Tatsächlich ist es eher ein kleiner Snack.

Zwischen 2,50 Euro und 3 Euro kostet ein Onigiri. Das ist ganz schön viel und lässt sich eigentlich auch nicht mit der versprochenen Bio-Qualität rechtfertigen. Für einen Snack zu teuer – für eine Hauptmahlzeit zu klein? Jedenfalls kann man für den Preis von drei Reistaschen im nahe gelegenen Reuterkiez schon ziemlich gut essen gehen.

Was uns zu der Lage bringt: Die wirkt skurril angesichts der Nachrichten der letzten Monate. Die Schönleinstraße sei ein „Drogenbahnhof“ hieß es da und zähle neben dem Kottbusser Tor zu den zwielichtigsten Stationen überhaupt in Berlin. Warum eröffnet ausgerechnet hier einen Edel-Imbiss?

Die Antwort weiß Thorsten Reuter, der Geschäftsführer von Rice Up. Eben noch hat er einer holländischen Besuchergruppe die Vorzüge des Onigiri-Konzeptes erklärt, jetzt wendet er sich mir zu: „Den Standort haben wir bewusst gewählt, wir wollten ein Paradoxon in dieser Umgebung schaffen“, sagt er. Wer ein paar Stunden im Bahnhof arbeite, sehe das Leben in seiner ganzen Bandbreite vorüberziehen. Vom Studenten bis zum Junkie komme hier jeder lang. „Mit dem Imbiss wollen wir zeigen, dass ein Miteinander von beiden Welten möglich ist“, sagt Reuter und klingt dabei ein bisschen so, als hätte er gerade ein soziales Hilfsprojekt eingeweiht.

Tatsächlich richtet sich Rice Up Onigiri aber an eine ganz bestimmte Klientel: Es sind Leute, die sich bewusst ernähren und dafür gerne auch etwas mehr ausgeben. Die experimentierfreudig sind und das anderen auch gerne zeigen. Es sind Hippster, die Onigiri kaufen und nicht Kleinverdiener oder Junkies.

Thorsten Reuter erzählt von seinen Ausbauplänen: Ein mobiler Imbisswagen werde gerade umgebaut, bis zum Ende des Jahres soll es noch einen zweiten Standort in Berlin geben. Es sind ambitionierte Ziele.

Wieder oben am Tageslicht, kommen sie einem gleich nochmal so ambitioniert vor: Die Dönerläden hier tragen einen harten Preiskampf aus. 1,49 Euro schreit es in roten und gelben Lettern von den Schildern. Auch Gemüse-Kebap steht hoch im Kurs. Überhaupt herrscht an günstigen Imbissen kein Mangel: Currywurst, Vietnamesisch, Grillhähnchen, Hamburger – die Liste ist lang. Ob da noch Platz für Onigiri ist?

Thorsten Reuter kämpft derweil noch an einer ganz anderen Front. Er will Werbeplakate an der Treppe zur U-Bahn aufhängen. Doch die Werbefirma der BVG lehnte ab: Die Plakate würden das Erscheinungsbild des Bahnhofs Schönleinstraße stören. Da ist es wieder, das Paradoxon von der Schönleinstraße.

Kein Trend im Trendbezirk? Frozen Yoghurt in Berlin

Was ist eigentlich aus Frozen Yoghurt geworden? Letztes Jahr feierten Medien die Eisvariation noch als Sommertrend. Ob am mobilen Stand oder im Café – der gefrorene Joghurt schien nicht nur in aller Munde, sondern auch auf dem besten Weg zu sein, sich überall in Berlin zu etablieren. Jetzt, ein Jahr später, ist es still geworden um Frozen Yoghurt. Gerade einmal eine Handvoll Frozen-Yoghurt-Locations gibt es in der Hauptstadt.

Das Zentrum des vermeintlichen Joghurteis-Booms scheint dabei in Mitte zu liegen. Bei einer kurzen Recherche habe ich nicht weniger als sechs Frozen-Yoghurt-Läden in dem Bezirk entdeckt (2x Yoli Frozen Yoghurt, Wonderpots Frozen Yoghurt, Efa’s Frozen Yoghurt, auf die hand frozen yoghurt, frohsinn yoghurt). Auch in Prenzlauer Berg bieten vier Läden den gefrorenen Joghurt an. Im neuen Szeneviertel Neukölln gibt es die kühlen Kreationen dagegen überhaupt nicht. Und in Kreuzberg haben letzte Woche mit Creamy Frozen Yoghurt und einer Yoli-Filiale die ersten beiden Läden des Bezirks eröffnet. So richtig scheint der Trend in den Szenekiezen von Berlin noch nicht angekommen zu sein. Aber woran liegt das?

Sicher spielt der Preis eine Rolle: Frozen Yoghurt ist ein Premium-Produkt schweineteuer. Ein mittlerer Becher mit zwei bis drei Toppings kostet schnell 4-5 Euro – dafür bekommt man in vielen Eiscafés der Hauptstadt schon einen ausgewachsenen Eisbecher mit Früchten und Sahne. Günstige Nachahmer gibt es bisher kaum. An der Technik kann es nicht liegen, denn Frozen Yoghurt ist vergleichsweise einfach herzustellen: Joghurt und Milch werden in einer Eismaschine verarbeitet, bis sie etwa die Konsistenz von Softeis haben. Dazu serviert man verschiedene Toppings und Soßen nach Wahl.

Doch vielleicht ist diese Auswahl auch genau das Problem:  Wer vor der Theke steht und die Wahl hat zwischen verschiedenen Nüssen, Beeren, Trockenfrüchten, Müsli- und Crunch-Arten, Flakes, Drops, Gummibärchen oder süßen Soßen – der muss schon sehr genau wissen, was er eigentlich will. Ansonsten steht man später auf der Straße und kratzt die Nuss-Nougat-Creme von seinen Papaya-Stückchen. Erhöht wird der Schwierigkeitsgrad übrigens, wenn die Toppings nicht beschriftet sind (wie bei Yoli). Ein Banana-Split-Becher bestellt sich definitiv einfacher.

Dafür erwirbt man beim Kauf von Frozen Yoghurt das Gefühl, ein Trendsetter zu sein. Mit einem Becher Frozen Yoghurt wird man von Passanten etwa so angesehen, als hätte man das neue iPhone 5 in der Hand. Es ist neu, hip, trendy. Ein Produkt, wie man es sonst nur aus den großen Metropolen von New York bis Hongkong kennt.

Aber ob das reicht um auf Dauer gegen die mehr als 300 Eiscafés der Hauptstadt bestehen zu können? Geschmacklich sind die Erweiterungsmöglichkeiten begrenzt: „Natur“ schmeckt der gefrorene Joghurt einfach am besten. Viele Frozen-Yoghurt-Läden versuchen deshalb über die Gesundheitsschiene zu punkten. Mit null Prozent Fettgehalt wirbt etwa Yoli für seine Produkte. Das trifft allerdings nur auf das pure Joghurteis zu – die Kalorien (so man auf sie achtet) verstecken sich in den Toppings. Und ohne die ist Frozen Yoghurt schließlich nur der halbe Spaß.